Werbung

Geschichte nicht für den Mainstream

LINKE-Landeschef Klaus Lederer setzt auf neue Kommission bei politischer Standortbestimmung

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 3 Min.

»Den kritischen Umgang mit unserer eigenen Geschichte meinen wir ernst«, versichert der Landesvorsitzende Klaus Lederer Zweiflern in und außerhalb der Linkspartei. Bestimmte politische Positionen bei der Bewertung des Kalten Krieges in dieser Stadt oder der eigenen Vergangenheit will er nicht länger als »Anbiederungs- oder Unterwerfungsgeste gegenüber dem Mainstream« verstanden wissen. Unterstützung bei der Aufklärung darüber erwartet er von der neuen Geschichtskommission des Landesverbandes, die ihre Arbeit aufgenommen hat.

Nicht länger möchte die LINKE von aktuellen Ereignissen und Auseinandersetzungen getrieben werden. Vielmehr will die Berliner Parteispitze auch wirklich vorne sein. Historische Themen hätten weiterhin in der öffentlichen Debatte »ein besonderes Gewicht«, hat man in der Parteizentrale am Rosa-Luxemburg-Platz erkannt. Da will man sich zusätzlichen Sachverstandes versichern, um nicht zuletzt mit einem eigenen Beitrag in die Geschichtsdebatte der Gesamtpartei eingreifen zu können. Unverzichtbar sei das gerade bei Berlin, wo Ost und West historische Ereignisse aus durchaus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

Das Gremium ist berufen, die Mitglieder sind ausgewählt. Man sei »auf die Suche gegangen«, meint Klaus Lederer. Gefunden wurden Mitstreiter mit Sachkenntnis, mit spezifischen Profilen ihrer wissenschaftlichen Arbeit. So sind Experten für die Arbeiterbewegung und solche für deutsch-deutsche Beziehungen vertreten, Kenner der Sowjetunion und auch des Stalinismus, nicht zuletzt kundige Beobachter der Aufarbeitung von DDR-Geschichte in der Bundesrepublik. Begegnet wird dabei der Mär von den beiden deutschen Diktaturen, die in deren Gleichsetzung mündet, ebenso gilt Kritik der Negation von Bürgerrechten im Sozialismus.

An Daten, die Debatten über die Vergangenheit nachgerade herausfordern und deren Wirkungen bis in die Gegenwart reichen, ist wahrlich kein Mangel. Insbesondere im kommenden Jahr 2009 häufen sich mit der Rückschau auf 1919, 1939, 1949 und 1989 historische Ereignisse größter Tragweite. Wichtige Themen gerade für eine sozialistische Partei, hebt Klaus Lederer hervor. Hier gelte es Positionen zu beziehen, dies allerdings nicht einseitig zur Rechtfertigung oder andererseits in antikommunistischer Ablehnung. Dabei sieht sich die LINKE ausdrücklich in der »Tradition der Kämpfe der internationalen Arbeiterbewegung«, sie bekennt sich auch »nach wie vor zum Erbe der SED-Geschichte«, wie sie ihren Mitgliedern mitteilte.

Allein dies birgt schon genug Zündstoff. Es habe jedoch keinen Sinn, beschwört Klaus Lederer, sich mit Geschichte um ihrer selbst willen zu befassen. Vielmehr solle Geschichte als Punkt verstanden sein, »von dem heraus man in die Zukunft guckt und auch seine politische Standortbestimmung dafür vornimmt«.

Die Kommission besteht aus den Mitgliedern des Landesvorstandes Prof. Dr. Anni Seidl und Hassan Metwally sowie den Historikern Prof. Dr. Mario Kessler, Dr. Volkmar Schöneburg, Dr. Detlef Nakath, Prof. Dr. Jürgen Hofmann und Dr. Wladislaw Hedeler

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal