nd-aktuell.de / 26.05.2008 / Brandenburg / Seite 18

Die Partisanin kehrt heim

Andreas Fritsche

Auf einem Bauernhof endet für Lidia Beccaria Rolfi der Todesmarsch aus dem KZ Ravensbrück. Am 3. Mai 1945 kommen sowjetische Soldaten dort an. Die Italienerin Rolfi ist befreit, doch längst noch nicht am Ende ihres Leidenswegs. Sie ist krank und wird die Folgen der Haft zeitlebens nicht überwinden. In dem Buch »Der feine Faden der Erinnerung« schilderte sie ihre Rückkehr in die Heimat. Das Buch erschien bereits 1996 in Turin. Rolfi starb im selben Jahr. Jetzt liegt eine deutsche Übersetzung unter dem Titel »Zurückkehren als Fremde« vor.

Lidia Rolfi zählte als Jugendliche zunächst zu den begeisterten Anhängern Mussolinis. Doch als junge Grundschullehrerin erfuhr sie von der Verfolgung der Juden und von anderen Verbrechen und schloss sich den Partisanen einer Garibaldi-Brigade an. Verhaftet, gefoltert und zum Tode verurteilt, kam Rolfi am 30. Juni 1944 ins KZ Ravensbrück.

In ihrem Buch schreibt sie eindringlich über die Umwege, die sie über alliierte Lager schließlich an den Brennerpass führen, und über die Aufnahme in Piemont. Die Briten und die US-Amerikaner halten alle Italiener für Verbündete Hitlers, die Deutschen sehen in ihnen Verräter.

In Italien sitzen viele alte Faschisten noch auf ihren Posten und legen der ehemaligen Partisanin Steine in den Weg. Die katholische Kirche verfügt über großen Einfluss und misstraut der Dorfschullehrerin, die mit Kommunisten redet und freundschaftlich mit den armen Bergbauern verkehrt. Der Bericht endet 1948, als Rolfi heiratet und einen Sohn bekommt. Weil ihre Erzählungen vom KZ auf Unverständnis und Gleichgültigkeit treffen, schweigt sie die nächsten zehn Jahre lang davon.

Es ist das Verdienst von Johanna Kootz, für die Übersetzung gesorgt zu haben. Im Nachwort berichtet Kootz, wie Lidia Beccaria Rolfi sich schließlich engagiert – zum Beispiel im Internationalen Ravensbrück-Komitee. 1959 fährt sie ohne Pass zur Eröffnung der Mahn- und Gedenkstätte in die DDR, riskiert damit ihren Arbeitsplatz im Schuldienst. In Rolfis Heimatort Mondovi tragen heute eine Schule und eine Straße ihren Namen.

Lidia Beccaria Rolfi: »Zurückkehren als Fremde – Von Ravensbrück nach Italien: 1945-1948«, Metropol, 207 S. (brosch.), 17 Euro, ND-Buchbestellservice, Tel.: (030) 29 78 17 77