Von den Nooren bis zum Mäuseturm

Fünf Landesgartenschauen erfreuen in diesem Jahr Einheimische und Gäste

  • Rosi Blaschke
  • Lesedauer: 5 Min.
Der Mäuseturm ist in die Gartenschau Bingen eingebettet.
Der Mäuseturm ist in die Gartenschau Bingen eingebettet.

Gartenschauen sind so etwas wie die Sonnenterrassen und sommerlichen Feierplätze der Bundesländer. Alljährlich entscheiden sich die einen und/oder die anderen, einer Stadt, einer Region ein neues buntes Kleid anzuziehen, sich fein zu machen für Jedermann, Neues zu schaffen und Altes zu pflegen zum Nutzen über die Zeit hinaus. Welch wohlangelegtes Geld! In diesem Jahr – zwischen Bundesgartenschauen in Gera/Ronneburg (2007) und Schwerin (2009) – ziehen sich die Landesgartenschauen von Nord nach Süd: fünf an der Zahl von Schleswig-Holstein bis Bayern. Sie sind bis Oktober schöne Ferienziele in mitunter nicht so überlaufenen Gegenden.

Zum allerersten Male hat sich Schleswig-Holstein für eine Landesgartenschau entschieden, und zwar in der über 1200 Jahre alten Wikingerstadt Schleswig, einen Katzensprung von der dänischen Grenze entfernt. Schleswig wird geprägt von der Schlei, dem 42 Kilometer ins Land reichenden Ostseefjord, der halben Verbindungsstrecke zwischen Ost- und Nordsee. Und also rankt sich die Schau auch um dieses Wasser. Die direkt am Fjord liegenden Königswiesen wurden zum Stadt- und Erlebnispark umgestaltet.

Ein Barockgarten, Schloss Gottorf mit vielseitigen kulturellen Angeboten und das Wikinger-Museum Haithabu sind ebenso in die Gestaltung einbezogen wie die Landschaft links und rechts der Schlei – wozu die so genannten Noore gehören. Das sind seeähnliche Erweiterungen, die mit der Schlei verbunden sind. So bietet das 22 Hektar umfassende Holmer Noor bei einiger Fantasie einen Einblick in die eiszeitliche Entstehung der Buchten. Man kann auch mit dem Fahrrad die Gartenroute zwischen den Meeren erkunden und Märchen über Schleigärten buchstäblich erfahren.

Wo liegt eigentlich Rietberg? Wer die Landesgartenschau von Nordrhein-Westfalen besuchen will, sollte wissen: im Kreis Gütersloh an der oberen Ems. Das Besondere: Die zwölf Hektar umfassende Gartenschau ist gebaut als ein blühendes »Park-Haus« mit vielen grünen und bunten Zimmern – von Blumensaal über Spiel-, Musikzimmer und Küche, der Gastronomie, bis zum Romantik-Teich. Drei Themenbereiche bilden das Dach überm Haus: »Lebendige Kulturgeschichte«, »Kultur trifft Natur« und »Neuer Park« im Stadtteil Neuenkirchen. Letzterer wird auch nach der Schau dauerhaft Erholung, Spiel und Sport dienen.

Der Weg nach Süden führt uns zur Gartenschau in eine Stadt in Rheinland-Pfalz, die wohl jedem Sagen-Interessierten bekannt ist: Bingen am Rhein. Der Binger Mäuseturm diente als Zollwachturm, preußische Grenzmarke, Signalturm für die Rheinschifffahrt. Und er gehört zum deutschen Sagenschatz. Der Legende nach ließ ihn der Mainzer Erzbischof Hatto I. im 10. Jahrhundert erbauen. Der hartherzige Geistliche ließ hungernde und um Korn bettelnde Arme in einer Scheune elendiglich verbrennen. Ihre Schreie nannte er spöttisch das »Pfeifen der Kornmäuslein«. Daraufhin sollen ihn tausende Mäuse zur Flucht in den Turm gezwungen haben. Dort fraßen sie ihn bei lebendigem Leibe auf.

Das Gebiet um den Mäuseturm, um Burg Ehrenfels und den Durchbruch durch das Schiefergebirge am Rhein-Nahe-Eck wird neu gestaltet. Der Besucher kann hier die vielbesungene Rheinromantik, das UNESCO-Welterbe »Oberes Mittelrheintal« genießen.

Die Stadt erlebt laut ihrer Bürgermeisterin, Birgit Collin-Langen, mit der Landesgartenschau das größte städtebauliche Strukturprogramm nach dem Zweiten Weltkrieg. Partnerschaftsgärten, englischer Rosengarten, Dichtergärten, neuer Hafenpark, Rückbau des Bahngeländes am Binger Loch verbinden Innenstadt und Rheinufer aufs Schönste. Die Bingener Devise heißt »R(h)einschauen«.

Als nächstes machen wir Halt in Bad Rappenau in Baden-Württemberg. Das Solebad nordwestlich von Heilbronn wirbt auf seiner Gartenschau mit seinen schön gestalteten Solegärten, in denen die Besucher Vieles über Salz, Sole und Gesundheit erfahren. Dieser Salinenpark, der Schlosspark mit dem Wasserschloss und der Kurpark mit dem renaturierten Mühlbach – alle miteinander verbunden durch die Grünspange, eine attraktive grüne Wegverbindung – bilden den Mittelpunkt der Schau.

Die Grünspange beginnt mit dem Quellgarten der Partnerstädte Contrexéville (Frankreich), Llandrindod Wells (Wales) und Bad Rappenau mit drei Quellsteinen. Das Wasser fließt durch die ganze Innenstadt. Den markanten Abschluss des Geländes der Gartenschau bildet der fahrbare Bohrturm von 1905, er erinnert an die Salzgewinnung in der Stadt.

Letzte Station ist Neu-Ulm in Bayern. Diese Stadt ist nach 1980 zum zweiten Male Stätte einer Landesgartenschau. Sie umfasst drei Geländeteile. Das Wiley-Gelände verbindet Gartenpracht, riesige Blumenfelder, die Verborgenen Gärten mit Sportpark und Kultur, beispielsweise die Klangoasen. Das Vorfeld widmet sich Blumenschau und Gartenbau mit tausenderlei Tipps für Hobby-, Profigärtner und Floristen: umfänglich etwa zum Wasser im Garten oder über den Obstlehrpfad.

Die Dritte im Bunde ist die Glacis – Gartenvision und Wohnidee. Hier werden Blicke in die Zukunft des Städtebaus geboten, so Wohnen auf dem Wasser im Floating-Haus, im Rohr oder auf dem Dach, und Gartenvisionen von geothermisch, mobil bis Kneipp-Wellness.

Im nächsten Jahr gibt's wieder eine BUGA – in Schwerin.

www.lgs2008.de (Schleswig, geöffnet bis 5. Oktober)
www.landesgartenschau-rietberg.de (bis 12. Oktober)
www.landesgartenschau-bingen2008.de (bis 19. Oktober)
www.landesgartenschau-badrappenau.de (bis 5. Oktober)
www.lgs-neu-ulm.de (bis 5. Oktober)

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