Rollenbilder

München: »Starke Frauen«

  • Barbara Reitter-Welter
  • Lesedauer: 2 Min.

Sag noch einer, Emanzipation sei eine Erfindung des letzten Jahrhunderts. Im Gegenteil, betrachtet man die Darstellungen auf griechischen Amphoren und Vasen, die kleinen und großen antiken Skulpturen genau, so sieht man »Starke Frauen« in sämtlichen Bereichen. In Haus und Hof singend und musizierend, ja sogar – gegen alle Klischees von Unbildung – lesend und schreibend. Im Tempel beim Dienst für die Götter und als Leichenwäscherinnen, auch wenn sie sonst von allen öffentlichen Tätigkeiten ausgeschlossen waren.

Jedoch erscheinen kämpferische Amazonen wie Penthesilea oder Medea oder die verführerischen Mänaden. Doch auch normale Frauen griffen schon mal zur Keule – so Nereus' Tochter, die barbusig mit wehender Mähne auf Herakles losgeht oder die mythischen Heldenmädchen, die selbst Götter im Zweikampf besiegten …

Das einzige Werk der Moderne steht auf den Stufen der Antikensammlung am Königsplatz: Markus Lüpertz Neuinterpretation der Daphne. Bei ihm ist sie nicht die keusche Unschuld, die sich aus Angst vor Apoll in einen Lorbeerbaum verwandeln lässt, bei ihm ist es eine üppige Walküre, die ihren Fuß auf das abgeschlagene Haupt des Gottes setzt.

Die Staatliche Antikensammlung hat aus eigenem Besitz und mit Hilfe von Leihgaben alles zusammengetragen, was zum Thema »Starke Frauen« passt – und versucht mit Rollenbildern und -klischees eine Frauentypologie des alten Griechenland zu zeigen, die von jungen Mädchen beim Huckepackspiel bis zur alten Kupplerin, von der Terrakotte einer fetten Amme mit zwei Kindern bis zur Lyra zupfenden Hetäre reicht. Auch bei dieser neuen Ausstellung ist man überwältigt von der Fülle der schönen Exponate, von ihren detaillierten Darstellungen, die auf kleinstem Raum unendlich viel zu erzählen haben. Da ist es unverständlich, wieso gerade dieses Museum so wenig Besucher anzieht.

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