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Die Linke und China

Zehn Thesen zu einem problematischen Verhältnis

  • Dr. Rolf Geffken
  • Lesedauer: 12 Min.
Dr. Rolf Geffken ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied am Runden Tisch des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialogs. Er leitete 2004 die 1. Deutsch-Chinesische Konferenz zum Arbeitsrecht in Kanton.
Dr. Rolf Geffken ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied am Runden Tisch des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialogs. Er leitete 2004 die 1. Deutsch-Chinesische Konferenz zum Arbeitsrecht in Kanton.

1. Die Linke hatte vor 40 Jahren ein Wahrnehmungsproblem in Bezug auf China. Auf dem Höhepunkt der »Kulturrevolution« war nicht nur die deutsche politische Linke, sondern ein großer Teil der europäischen Intellektuellen fasziniert von der angeblichen Abschaffung autoritärer Strukturen im Reich der Mitte. Tatsächlich war die »Kulturrevolution« ein humanitäres, kulturelles und politisches Desaster, an dessen Ende nicht nur Millionen Tote, sondern die vollständige Abschaffung des Rechts und das kollektive Trauma einer ganzen Nation standen.

2. Wieder haben viele Linke ein Wahrnehmungsproblem in Bezug auf China. Heute verfallen sie nicht in den Trancezustand der Euphorie. Heute sind sie entsetzt über die Verletzung der Menschenrechte in China und die Unterdrückung der tibetischen Kulturnation. Tatsächlich passen sie sich nur dem Mainstream der »westlichen Meinung« an. Menschenrechte und Sezessionismus, Wirtschaftswandel und kulturelle Autonomie, soziale Gegensätze, ethnische Besonderheiten – alles wird vermengt, nichts analysiert.

Die Tibet-Kampagne hat bewirkt, dass das Thema China sich schließlich reduzierte auf: Tibet. Tibet aber reduzierte sich auf ein Bekenntnisritual, das Debatten ausschließt. »Bist du für oder gegen Tibet« wurde der Verfasser von einem politisch vertrauten Menschen gefragt.

3. Die Linke muss sich nicht mit China solidarisieren. Sie darf auch nicht in Euphorie verfallen. Sie sollte Fakten zur Kenntnis nehmen und nicht dem medialen Mainstream verfallen, ohne eigene Positionen zu entwickeln.

Zu einer solchen Bereitschaft gehört die Anerkennung der Tatsache, dass auf einer Konferenz der deutschen Friedrich-Naumann-Stiftung im Beisein offizieller Vertreter der US-Regierung ein »Aktionsplan« zur Störung des Fackellaufs und der Olympischen Spiele in Peking ausgearbeitet wurde. Zu dieser Bereitschaft gehört die Anerkennung der Tatsache, dass Chinas Bevölkerung, auch Menschrechtsaktivisten, in der Tibetfrage die Haltung der Regierung unterstützt. Dazu gehört schließlich die Anerkennung der Tatsache, dass die in das Gewand der Menschenrechte gekleidete Forderung nach Sezession in Europa schon einmal einen Krieg, den letzten Balkankrieg, ausgelöst hat. Menschenrechte und Frieden stehen in einem Spannungsverhältnis. Dem Streben nach Frieden haben sich alle Menschenrechtsaktivitäten (sofern sie sich auf andere beziehen) unterzuordnen. Das ist auch deutscher Verfassungskonsens.

4. Die massive Einmischung in die innerchinesischen Verhältnisse, die mit einer Instrumentalisierung der Olympischen Spiele von außen verbunden ist und Sportler sogar zur Einmischung während der Wettkämpfe auffordert, resultiert nicht aus einem Zufall. Sie ist nicht das Produkt spontaner Ideen, sondern Teil insbesondere der US-amerikanischen Strategie zur Eingrenzung und Eindämmung des außenpolitischen Einflusses der Volksrepublik China. Daran ändern auch ungeschickte oder hölzerne Verlautbarungen aus Peking nichts. China verfolgt mit seiner Politik der militärischen Nichteinmischung und der Ablehnung von Militärinterventionen einen Kurs, der mit der Strategie der US-Regierung unter Präsident Bush nicht vereinbar ist: Wiederholt hat die Bush-Regierung versucht über das Thema »Terrorismusbekämpfung« und das Interesse der chinesischen Regierung, Terroraktionen von Uiguren zu bekämpfen, China zur Aufgabe seiner Politik der Nichteinmischung zu bewegen – erfolglos.

Zugleich wachsen die ökonomische Abhängigkeit vieler Staaten von China und die Verflechtung der chinesischen Ökonomie mit den westlichen Ländern. Die Geschichte zeigt, dass solche Prozesse, vor allem wenn sie sich zuspitzen, die Politik nicht etwa zu rationalem Handeln veranlassen, sondern umgekehrt die Karte der Demagogie ausspielen lassen. Angesichts der Vernichtung industrieller Arbeitsplätze erscheint es deshalb immer mehr opportun, eine Art »gelbe Gefahr« zu konstruieren. Die Situation in Tibet wird ausgenutzt, um die unabhängig davon begonnene Kampagne gegen China zuzuspitzen. Dabei sind die in der USA-Presse erhobenen Vorwürfe, die chinesischen Kommunisten seien die »gleichen Verbrecher« wie zur Zeit der Kulturrevolution, ein Akt beispielloser journalistischer Entgleisung. Sie sind nichts anderes als »Volksverhetzung«.

5. Die Initiatoren der Tibet-Kampagne übersahen bewusst (andere vergaßen es fahrlässig), dass sich der Dalai Lama zwar grundsätzlich zur Gewaltlosigkeit bekennt, andererseits aber gerade der tibetische Buddhismus auch in der Geschichte nicht gewaltfrei war. Und dass sich der Dalai Lama in seinen Forderungen nicht auf kulturelle Autonomie beschränkt, sondern politische Macht beansprucht. Dass Chinas Regierung die Forderung nach Teilhabe an politischer Macht als Aufruf zur Gewalt interpretiert, ist zumindest nicht abwegig. Der Hang zur Gewaltausübung hat sich bei den Demonstrationen in Lhasa offenbart. Gezielt wurden chinesische Geschäfte angezündet, Chinesen wurden umgebracht. Der Slogan »Tibeter, kauft nicht bei Chinesen!« hat in der deutschen Presse nicht zu einem Aufschrei geführt, obwohl nur in Deutschland einmal ein vergleichbarer Slogan verwendet wurde.

Es ist Unsinn, der chinesischen Zentralregierung eine gezielte »Überfremdung« der tibetischen Kultur oder der tibetischen »Nation« vorzuwerfen. Richtig ist, dass in China seit über 25 Jahren die Kraft der »Marktwirtschaft« freigesetzt wird. Westliche Politiker haben das begrüßt. Das gigantische Wirtschaftswachstum hat aber zu erheblichen Disparitäten innerhalb des Landes geführt. Eine davon war die ungleiche Entwicklung von Küstenregionen und zentralen bzw. westlichen Regionen. Es war deshalb politische Aufgabe der Regierung, die zentralen und westlichen Regionen (zu denen Tibet gehört) wirtschaftlich zu fördern. Angesichts der Unterentwicklung Tibets und der hohen Analphabetenrate war es nur natürlich, dass Han-Chinesen nach Tibet zogen, um zu investieren und wirtschaftlich aktiv zu werden. Diese »Rückwanderung« von Ost nach West vollzog sich im ganzen Land. Es ist dies ein Prozess, der noch viel zu wenig entwickelt ist, weil die eigentliche Wanderungsbewegung nach wie vor von West nach Ost verläuft – in Gestalt von etwa 300 Millionen Wanderarbeitnehmern, die ihr Glück in den Küstenprovinzen suchen.

Dass aber die verhältnismäßig geringe Einwanderung nach Tibet bei nur 2 Millionen Einwohnern und einem Land von der Größe Europas den Anschein einer kulturellen Überfremdung erweckt, ändert nichts daran, dass es sich um eine schlichte innerchinesische Migration handelt, die zwar staatlich gefördert ist, aber wegen der ökonomischen Disparitäten auch gefördert werden muss. Wenn daraus resultierende Spannungen als rein ethnische Spannungen interpretiert werden, obwohl sie deutliche soziale und ökonomische Hintergründe haben, ist dies eine böswillige Fehlinterpretation.

Es ist zugleich auch eine reaktionäre Interpretation. Wann jemals war es eine Forderung der Linken, gegenüber Zuwanderern eine »reine Kultur« zu vertreten? Die Forderung nach Beseitigung und Reduzierung sozialer Gegensätze ist richtig und notwendig. Sie muss verbunden sein mit einer Forderung nach Multikulturalität. Die Forderung nach »reiner Kultur« ist reaktionär und gewaltfördernd.

6. Die Forderung eines religiösen Führers nach Teilhabe an der politischen Macht ist eine Forderung, die den laizistischen Grundsätzen der Europäischen Union, der deutschen Verfassung und sogar der US-amerikanischen politischen Tradition zutiefst widerspricht. Sie ist schlicht reaktionär und mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar. Deshalb ist der Vergleich Khomeni – Dalai Lama keineswegs völlig abwegig.

Umso mehr müssen die Gespräche begrüßt werden, die die chinesische Regierung nunmehr führt. Allein die Tatsache dieser Gespräche ist ein großes Entgegenkommen der Regierung gegenüber dem Dalai Lama. Sie wäre gemessen an europäischen und deutschen Maßstäben aber bereits verfassungswidrig. Es gibt auch in Deutschland kein »Menschenrecht« auf Abschaffung einer politischen Demokratie. Religion und Staat sind aus gutem Grunde getrennt. Sie waren es nicht im Zeitalter des Feudalismus. Genau diese politischen und ökonomischen Strukturen fand die Volksarmee Maos vor, als sie 1950 in Tibet einmarschierte und als eine der ersten Maßnahmen eine Landreform durchführte.

7. Vor diesem Hintergrund ist die Forcierung der wirtschaftlichen Entwicklung Tibets alles andere als »Kulturimperialismus«. Wer eine solche These vertritt, weiß nicht, was er sagt: Konsequenz wäre ökonomischer Rückschritt, soziale Reaktion, Armut. Die Reichsten der Reichen predigen den Ärmsten der Armen kulturelle und wirtschaftliche »Reinheit«. Können Linke bei diesem absurden Spiel mitmachen? Nein! Die wirtschaftliche Entwicklung ist für China das Nonplusultra seiner Zukunft, ja seiner Existenz. Die Partei- und Staatsführung hat der absurden Idee eines »Armutskommunismus« längst abgeschworen. Sie hat Marx jedenfalls insoweit richtig verstanden, als dass ein Sozialismus sich niemals auf Armut aufbauen kann, sondern die Entfesselung der Produktivkräfte voraussetzt.

Wirtschaftsexperten haben errechnet, dass ein Rückgang des Wirtschaftswachstums Chinas um wenige Prozentpunkte zwei bis drei Millionen mehr Arbeitslose bedeuten würde. Dies gilt für Tibet wie für alle anderen Provinzen. Wann zuletzt haben sich Politiker und kulturelle Bedenkenträger gegen den Bau von Eisenbahnen in Europa oder Nordamerika ausgesprochen? Es ist lange her. Aber wenn es um Eisenbahnbau in Tibet geht, ist Kritik erlaubt, ohne dass die Urheber den reaktionären Unsinn ihrer Kritik bemerken.

8. Die Situation der Menschenrechte in China ist verbesserungswürdig. Allerdings: Auch und gerade vor der Revolution von 1949 gab es keine Achtung der Menschenrechte. Im alten China herrschte ein brutales Strafrecht. Das Zivilrecht war völlig unterentwickelt. Mit der Revolution von 1911 setzte nur in Teilbereichen eine Normalisierung ein. Für die meisten Menschen existierte nur ein »Kriegsrecht«, später Bürgerkrieg, danach die Invasion der Japaner und schließlich der Terror Tschiang Kaischeks.

Mit Liu Shaoqi begann in China eine Phase der Verrechtlichtung der gesellschaftlichen Beziehungen, wie es sie zuvor gar nicht gegeben hatte. Allerdings kam es zu massiven Rückschlägen in der Phase des »großen Sprungs«, für die Mao ebenso verantwortlich war wie für die »Kulturrevolution«. Jegliche staatliche Autorität und damit jegliches Recht wurden abgeschafft. Nicht zuletzt wurde auch die Kommunistische Partei zerstört und an deren Stelle das Willkürregime Maos, seiner Roten Garden und des Militärs gesetzt. Gemessen an diesem »Punkt null«, an dem China einen formalen Rechtsstaat wieder aufzubauen begann, sind die Fortschritte seither gewaltig. Kaum ein Bereich ist nicht zwischenzeitlich verrechtlicht. Nicht zuletzt dadurch wird die Allmacht der KPCh zurückgedrängt. Ein eigenes Verwaltungsrecht ist im Aufbau. Erstmals in der Geschichte entscheiden Gerichte auch gegen die von einer kommunistischen Partei geführte Verwaltung.

Es entsteht ein neuer Richterstand mit qualifizierter juristischer Ausbildung. Es gibt eine rechtswissenschaftliche Debatte an den Universitäten, unter Rechtsanwälten und vor allem mit dem interessierten Ausland. Am Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialog sind eine Vielzahl akademischer Institutionen, Verbände, Institute, Richter, Staatsanwälte, Notare und Anwälte beteiligt.

Es stimmt: China hat immer noch die höchste Zahl an Todesurteilen. Doch inzwischen muss jedes Todesurteil dem obersten Gericht vorgelegt werden. Seit Einführung dieses Verfahrens ist die Zahl auch absolut zurückgegangen.

Bei der Bewertung Chinas darf nicht übersehen werden, dass das rigorose Strafrecht, das bisweilen an das Strafrecht im alten China erinnert, ein Produkt der Modernisierung und der Öffnungspolitik ist. Mit der Einführung privaten Kapitals und massiven ausländischen Investitionen kam es zu einem ungeheuren Anstieg der Kriminalität. Es war die Auffassung Deng Xiaopings, dass die Todesstrafe nicht mehr nur für Kapitalverbrechen (wie zuvor) gelten sollte, sondern auch und gerade für Wirtschaftsdelikte (Korruption, Bestechung, Veruntreuung). Wer die Öffnungspolitik Chinas preist, darf also nicht vergessen, dass der Preis, den China dafür gezahlt hat, eine Verschärfung des Strafrechts war.

Es ist also nicht etwa »die Kommunistische Partei«, wie vor allem USA-Medien glauben machen wollen, die ihre »alte Politik« fortführt, sondern es ist der (verzweifelte) Versuch, den Tiger zu reiten, die Entfesselung der Produktivkräfte durch einen gefesselten Kapitalismus einzugrenzen durch ein rigoroses Strafrecht. Allerdings bleibt wahr, dass von diesem Strafrecht auch Dissidenten erfasst werden. Nur sind solche Fälle nicht der Alltag in China. Der Alltag ist die Todesstrafe für einen »gewöhnlichen Kriminellen«.

Chinas Menschenrechtssituation kann nur im Dialog verbessert werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass China in gerade 25 Jahren das vollzieht, wofür Westeuropa mindestens 150 bis 180 Jahre gebraucht hat: die industrielle Revolution. Die war in den »Kulturstaaten« Europas von einer massiven Verletzung jeglicher Menschenrechte begleitet. Erinnert sei an die Kinderarbeit in englischen Bergwerken, die Verelendung des Industrieproletariats in den europäischen Metropolen und die Unterdrückung der Arbeiterbewegung.

China vollzieht zugleich und daneben den Prozess, den Marx als »ursprüngliche Akkumulation« bezeichnet hat: die Loslösung von Millionen Bauern von ihrem Landbesitz. Thomas Morus hatte im Einzelnen beschrieben, auf welche Weise die europäischen Staaten der Entstehung solcher »Landlosen« (Vagabunden) begegneten: mit einer der brutalsten Gesetzgebung, die jemals existierten, der sogenannten Blutgesetzgebung. Menschen wurden dafür bestraft, dass sie besitzlos waren.

China vollzieht die ursprüngliche Akkumulation, begleitet von einer Arbeitsmigration von etwa 300 Millionen Menschen, begleitet von der massenhaften Privatisierung unrentabler staatlicher Unternehmen (und der damit verbundenen Freisetzung von Arbeitskräften) und einer gigantischen Umwälzung der Infrastruktur. Dabei ist China entgegen westlichen Annahmen kein Zentralstaat. Die Provinzen besitzen erhebliche politische und wirtschaftliche Macht, so dass der Zentralstaat (und damit die KP) sich oft nur begrenzt durchsetzen kann. Soweit es Opposition gibt, ist sie fast immer gegen Provinz- und Regionalregierungen gerichtet, fast nie gegen die Zentralregierung. Die Zentralregierung selbst weiß, dass eines der größten Probleme des Landes der mangelhafte Vollzug des Rechts ist und ihr entscheidendes Interesse geht dahin, die Einhaltung der Rechtsstandards nicht zu propagieren, sondern zu garantieren.

9. Kritik an China hat die Tatsache einzubeziehen, dass es für die chinesische Regierung keine Alternative zur Entfesselung der Produktivkräfte gibt. Wer die Auswirkungen des chinesischen Kapitalismus kritisiert (oft zu Recht), muss zugleich anerkennen, dass die Entwicklung der Produktivkräfte Voraussetzung für eine wirtschaftlich und sozial tragfähige Entwicklung des Landes ist. Voraussetzung übrigens auch für: einen Sozialismus.

Das gilt auch für alle Fragen der Ökologie. Wer die »Verschwendung« der Ressourcen in China anprangert, muss Alternativen aufzeigen. Das jetzige Wirtschaftswachstum ist zugleich eine soziale Notwendigkeit. Nur durch dieses Wachstum können Armut und Arbeitslosigkeit eingegrenzt werden. Deshalb muss auch in Fragen der Ökologie mit China ein Dialog geführt werden. Er hat zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Kollaps der chinesischen Wirtschaft massive und unkontrollierbare Folgen für die Wirtschaften des Westens hätte. Die sind mit China mehr verbunden als mit jedem anderen außereuropäischen Land.

10. China verdient es, ernst genommen zu werden. Als Partner, als Konkurrent, als abschreckendes Beispiel, aber auch als Modell. Die Tradition chinesischer Medizin erlebt in China ein beispielloses Comeback. Die junge Generation enthält ungeheures Innovationspotenzial. Was heute noch »kopiert« wird, ist morgen »originally made in China«. Die Internetgeneration hat in China in beispielloser Weise politische Entwicklungen selbst in der Gesetzgebung mehrfach (Arbeitsvertragsgesetz, Eigentumsgesetz usw.) beeinflusst.

China ist – entgegen anderslautenden Gerüchten – das streikfreudigste Land der Erde. Und dies, obwohl der Streik weder erlaubt noch verboten ist. Die offizielle Statistik zählt für das Jahr 2007 etwa 100 000 Konflikte (gerechnet ab 300 Beteiligte pro Konflikt).

China ist und bleibt voller Widersprüche. Es ist ungeeignet für jede Art von Bekenntnissen. Aber die Linke sollte daran denken, was Napoleon einst sagte: »Wenn China sich erhebt, erzittert die Erde!« Es hat sich erhoben. Napoleon lebt nicht mehr. Napoleon konnte nur in militärischen Kategorien denken. In Kategorien des Krieges. China hat sich erhoben – und die Erde erzittert. Aber nicht vor Angst, nicht vor der kriegerischen Gefahr Chinas, sie zittert, weil sie die Möglichkeiten dieses Landes, auch für die Welt selbst, noch nicht ganz begriffen hat.

China verlangt, dass man sich mit ihm befasst und es nicht in Kategorien ausdrückt, die man »schon kennt«.

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