In der Trommelkathedrale

Klanginstallationen in den zwei Wasserspeichern in Prenzlauer Berg

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 2 Min.

Wie man den beiden Wasserspeichern in Prenzlauer Berg ungewohnte Klangerlebnisse entlocken kann, das demonstriert bereits im zweiten Durchgang die »hoergalerie singuhr«. War zuvor die Pa-

rochialkirche Ort ihrer Experimente, so gewann sie im Vorjahr die Neuausschreibung für die Wasserspeicher, die bis dato die Kryptonale beherbergten.

Zwei Hörinstallationen laden nun in die imposanten Hallen des wassertechnischen Denkmals. In den beiden konzentrischen Rundgängen sowie in der Rotunde des Kleinen Speichers hängen an Pfeilern überkopfhoch insgesamt 34 silbrig funkelnde Trommeln. Spots gießen sie ins rechte Licht, Klänge gliedern die scheinbar unveränderliche Ruhe.

Drinnen entquellen den verkabelten Instrumenten grummelnde, grollende, tremolierende Trommelkaskaden in aufgezeichneter Abfolge. Hell oder dumpf tönen sie, zögerlich tastend oder zornig aufflackernd, überlagern sie sich zu Schichtungen oder Gewölk. Denn aus welcher Trommel der Ton gerade kommt, bleibt unsichtbar. So entsteht ein gespenstisches Klanglabyrinth, das Erfinder Ulrich Eller »Talking Drums« nennt.

Hinter, vor, über dem Besucher taucht das Geräusch auf, kommt näher, entschwindet. Bester Standplatz ist die Rotunde, doch auch andernorts gibt es kein Entrinnen aus der Trommelkathedrale. Der Klang bekommt gewissermaßen Beine, der Besucher wittert ihm geschärften Hörsinns nach.

Ein anderes physikalisches Prinzip nutzt der Belgier Aernoudt Jacobs. Seine Klanginstallation »Echolocation« basiert auf dem Orientierungsverfahren von Fledermäusen. Jeder Gast wird mit einem Gerät ausgestattet, dessen kleine Lichtquelle ihm den 200-Meter-Parcours durch die Ringe des düsteren Speichers matt erhellt. Denn die eigentliche Orientierung bietet der Gerätetrichter: Aus ihm tönt eine 15-Minuten-Komposition, die das Lotungsgeräusch der Fledermäuse klopfend und heulend in den Hörbereich des Menschen transponiert. Je nachdem, wohin man den Trichter richtet, verändert sich das Geräusch. Der Mensch orientiert sich als Fledermaus – klangkünstlerisch ästhetisiert.

Auf den natürlichen Klang der Wasserturmumgebung zielt in einer dritten Installation der Japaner Akio Suzuki. »oto-date NA GI SA« besteht schlicht aus weißen Kreisen mit Fußstapfen als Wegmarken, die man an neun Stellen zwischen Pfefferberg und Prenzlauer Allee findet.

Bis 13.7., Mi-So, 14-20 Uhr, Eingang Diedenhofer und Belforter Str., Infos unter www.singuhr.de

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