Boris Becker im Herrenklo

666 - Traue keinem mit dem Du schläfst! von Rainer Matsutani

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Schon der Titel ist ein unmelodiöser Bandwurm, und der Film löst diesen Mangel an Versprechen weitgehend ein. »666 - Traue keinem mit dem Du schläfst!« gehört zu jener Sorte deutscher Komödienalbernheiten, die nur für den einheimischen Markt produziert sind, weil sie sich aus gutem Grund nicht exportieren lassen. Dennoch wird »666« sein Publikum finden, weil er mit einer Reihe kurzer Sprechrollen prominenter Zeitgenossen aufwartet, die ihm Mundpropaganda sichern. Von Heiner Lauterbach über Henry Maske bis Verona Feldbusch, von Bernd Eichinger über Claudia Schiffer bis Boris Becker, für reichlich Wiedererkennungseffekt und Getuschel im Zuschauerraum ist gesorgt. Und die Handlung, die sie vereint, verleiht dem Film zumindest einen Hauch von Respektabilität, schließlich geht sie in freier Nachempfindung auf Goethes »Faust« zurück. Da hat ein armer Tropf (Jan Josef Liefers) nicht alle Erwartungen erfüllt und wird ausgerechnet bei einem Klassentreffen von seiner Jugendliebe verlassen. Aber er hat Glück im Unglück: Weil der Mann Faust heißt, Frank Faust, erscheint ihm ein Mephisto (Armin Rohde), der zweite seines Namens und Sohn der Goetheschen Vorlagefigur. Es folgt der berühmte Pakt Glück gegen Seele, vom modernen Mephisto bewerkstelligt durch Verwandlung in wechselnde Prominente, in deren Begleitung Faust in der Celebrity-anfälligen Münchner Schickeria bald selbst zur stadtbekannten Partygröße avanciert. Welche Ex-Freundin könnte einem solchen Gewinnertypen widerstehen? Ein toller Plan. Bis sich der Junior-Teufel in seinen Faust verguckt und die Verdoppelungen außer Kontrolle geraten. Über die Blödeleien um Boris Beckers zweifachen Auftritt im Herrenklo und Lauterbachs Anzüglichkeiten gegenüber der Kellnerin hinaus gibt es aber einen Grund, warum der Film den Erfolg sogar verdient. Wenn Rohde den Mut hat, sich nackt auf allen Vieren auf dem Lotterbett abfilmen zu lassen, das er in Gestalt von Fausts reumütig zurückkehrender Freundin soeben mit ihm geteilt hat, wenn Hanns Zischler, immerhin ein Darsteller wie er ernster kaum sein könnte und jüngst bei Costa-Gavras sogar auf Englisch überzeugend, sich als Mephisto Senior für ein ähnliches Täuschungsmanöver in die Bresche wirft, dann gewinnt Rainer Matsutanis Film eine Dimens...

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