528 Beschwerden über Bus und Bahn

Fahrgäste kritisieren Verspätungen, überfüllte Züge und unfreundliches Personal

Das kann einem Touristen schon mal passieren. Er löst brav seinen Fahrschein, vergisst aber, ihn zu entwerten. Dann kommt der Kontrolleur und verlangt 30 Euro Strafe. Für Matthias Gibtner vom Berliner Fahrgastverband IGEB hätte der Kontrolleur lieber Gnade vor Recht ergehen lassen. Viel zu selten werde der Ermessensspielraum genutzt.
528 Beschwerden von Fahrgästen registrierte IGEB im vergangenen Jahr. Nach einer gestern vorgelegten Statistik betrafen 370 Beschwerden U-Bahn, Bus oder Straßenbahn, 95 die S-Bahn und 49 die Regionalzüge der Deutschen Bahn. Geklagt wurde über Verspätungen, Fahrplan-Änderungen und unfreundliches Personal. Außerdem wird Platzmangel in den Regionalzügen bemängelt.
Ein besonderes Ärgernis ist Gibtner zufolge traditionell der Bus 148, der vom Alexanderplatz nach Zehlendorf fährt. Hier gehöre ein Doppeldecker hin, um den Ansturm zu bewältigen, meint Gibtner. Weil es der BVG jedoch an entsprechenden Gefährten mangele, werde mit normalen Bussen gefahren. Die Folge: Linie 148 »ist permanent überfüllt«.
Was die Freundlichkeit betreffe, so habe sich in den letzten Jahren einiges verbessert, erklärt S-Bahn-Sprecher Ingo Priegnitz für sein Unternehmen. Das Personal werde regelmäßig geschult. Auch IGEB räumt ein, dass sich für die Fahrgäste einiges verbessert habe. Seltener legten die Verkehrsunternehmen ganze Stadtteile lahm, indem sie zugleich an mehreren Schienenwegen bauen, die dorthin führen.
Doch im Sommer 2002 kommt es nach Ansicht von IGEB zum »Skandal«. Im Zusammenhang mit dem Bau des Lehrter Bahnhofs und der Renovierung des S-Bahnhofes Friedrichstraße werden gleichzeitig Stadtbahn und Nord-Süd-Trasse gesperrt. Deshalb ist die historische Mitte Berlins zwischen 16. Juni und 4. Juli nicht mit der S-Bahn zu erreichen. Der IGEB-Vizevorsitzende Christfried Tschepe verweist darauf, dass gerade im Monat Juni besonders zahlreich Bahn gefahren wird. Bahnchef Hartmut Mehdorn höchstselbst habe also eine »fatale Fehlentscheidung« getroffen.
Erfreut ist IGEB, dass eine von der BVG zum 1. August angestrebte Fahrpreis-Erhöhung aller Voraussicht nach am Widerstand von Senat und S-Bahn scheitern wird. Es könne nicht sein, dass Berlin bei den Preisen bundesweit mit an der Spitze stehe, während die Einkommen in der Region unterdurchschnittlich seien. IGEB wünscht sich, dass Tarife übersichtlicher und Monatskarten billiger werden.
Auf dem Wunschzettel stehen auch Straßenbahn-Linien: Von Alexanderplatz zum Kulturforum, von Eberswalder Straße und Eckernförderplatz zum Lehrter Bahnhof und von Adlershof zum Sterndamm. Hier solle zügig mit dem Bau begonnen werden.

IGEB, S-Bhf. Jannowitzbrücke, 10179 Berlin, Tel.: 78705511, www.igeb.org
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