nd-aktuell.de / 23.06.2008 / Brandenburg / Seite 18

Sagen aus dem Spreewald

Andreas Fritsche

Die Bauern in Sielow litten sehr, seit sie einem strengen Gutsherrn untertänig waren. Der Gutsherr schikanierte sie. Das kam dem König zu Ohren. Er wollte der Sache nachgehen. Verkleidet verdingte sich Friedrich der Große bei einem der Bauern. Als es zum Frondienst ging, stopfte sich der König erst einmal eine Pfeife, bevor er mit der Arbeit begann. Der Gutsherr sah es und drohte ihm Schläge an. Da wusste der König Bescheid. Kurze Zeit später wurde der Gutsherr abgeholt und kam nicht wieder. Die Bauern aber erhielten das Land.

Ob es sich wirklich so zutrug, bleibt offen. Es handelt sich nur um eine Sage. Gisela Griepentrog entnahm sie einem Buch mit wendischen Sagen und Märchen, das 1880 in Graz gedruckt wurde. 37 verschiedene Quellen für 571 Sagen finden sich im Anhang von Griepentrogs Sammlung »Spreesagen«. Das reicht von handschriftlichen Texten im Stadtmuseum Fürstenwalde bis zu Auszügen aus Theodor Fontanes »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«.

Geordnet ist Griepentrogs Sammlung nach den Schauplätzen der Sagen, die alle mehr oder weniger an der Spree liegen – beginnend mit den Quellen bis hin zur Mündung in die Havel. Zuerst kommt die Sage vom Riesen Sprejnik, der Bautzen gebaut haben soll, zuletzt die von den übermütigen Knaben, die Karten spielten anstatt die Spandauer Kirche zu reinigen. Die Herausgeberin liefert schöne slawische Elemente. Da vollbringen kleine Wichte – die Ludki – große Taten, da sprechen die Sagengestalten Sorbisch.

Sagen haben einen wahren Kern, heißt es gemeinhin. Die Kunst ist, die Sagen zu deuten und den historischen Kern zu finden. Die Sympathie des Volkes habe den böhmischen Räuber Wenzel Kummer, der nach vielen Überfällen gefangen und eingekerkert wurde, zu einem edlen Mann verklärt, der den Armen mit Geld half, das er den Reichen wegnahm, weiß Griepentrog zu berichten.

»Spreesagen« kann ein unterhaltsamer Reisebegleiter sein. Man sollte bloß nicht zu viel an einem Stück davon lesen. Dann – nur dann – wird es eintönig, weil natürlich ähnliche Sagen für unterschiedliche Orte erzählt werden.

Gisela Griepentrog (Hrsg.): »Spreesagen«, Verlag für Berlin-Brandenburg, 392 Seiten (Hardcover), 16,80 Euro, ND-Buchbestellservice, Tel.: (030) 29 78 17 77