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Donald klatscht

  • Thomas Wieczorek
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Indio Derek Parra hatte für die USA gerade die 1500 Meter im Eisschnelllauf gewonnen. Da presste mein bundesdeutscher Reporter ganz gerührt dies ins Mikrofon: »Und Donald Rumsfeld klatscht Beifall! - Und mit diesen bewegenden Bildern zurück ins Studio.« Was wollte uns der ARD-Mann damit sagen? Dass man durchaus Kriegsgefangene wie Tiere halten, mit Streubomben Frauen und Kinder umbringen und gleichzeitig ein zart besaiteter Sportfan sein kann? Ob Sport mit Politik etwas zu tun hat, besser: haben soll, ist Ansichtssache. Aber wer die Politik in den Sport einführt, muss sich auch auf Politik ansprechen lassen. Wenn mit einer groß angelegten Geste der Opfer des 11. September gedacht wurde - wieso dann eigentlich nicht, nebenbei gesagt, der Tausenden Zivilopfer Afghanistans? Möglicherweise sind Salt Lake City im Allgemeinen und Auftritte à la Bush und Rumsfeld im Besonderen nur Testballons. Nämlich dafür, was sich die anderen Staaten, vor allem die »Verbündeten«, alles noch so bieten lassen. Nach der Devise: Wir bringen Zivilisten um, und die feiern mit uns Olympia - ob sie dann sehr sauer sind, wenn wir kurz danach Irak, Nordkorea und die anderen »Reiche des Bösen« ein wenig aufmischen? Die Polit- und Militär-Strategen haben ein besseres Gespür als die Truppe um »Sport-Pilcher« Rubenbauer: Sogar immer weniger Amerikaner, erst recht Europäer und speziell Deutsche sind bereit, auf die Frage: »Wolltet ihr den totalen Krieg gegen das Böse« mit »Ja!« zu antworten. Dies muss natürlich nicht in jedem TV-Sportkommentar zum Ausdruck kommen. Allerdings darf es auch nicht immer ausgeblendet bleiben. Und wenn Bush, Rumsfeld & Co. bei Olympia auftauchen, dann sollte das bei dem einen oder anderen TV-Reporter nicht nur assoziieren, wie toll sportbegeistert doch die US-amerikanische Politik ist. Der geschätzte Reporter könnte, eventuell, ja auch mal die politische Realität reflektieren. Oder war in Wahrheit doch nicht der Feldherr schuld an der Niederlage von Marathon, sondern der Marathonläufer als Überbringer der Nachricht?
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