Telekom hörte doch Gespräche ab

Konzernchef Obermann will sich bei Betroffenen entschuldigen

  • Lesedauer: 2 Min.

Neue Vorwürfe in der Spitzelaffäre der Deutschen Telekom: Der Konzern hat nicht nur Hacker-Codes und Telefondaten ausgespäht, sondern auch Gespräche abgehört.

Düsseldorf (dpa/ND). Nach Recherchen des Magazins »WirtschaftsWoche« belegt ein nach der Abhöraktion verfasster Vermerk eines beteiligten Beamten, dass es bei der Operation »Bunny« vor zwölf Jahren nicht nur um die Erfassung von »Steuersignalen« ging, sondern auch um »Nutzdaten«, womit Sprache gemeint sei. Wie das Magazin weiter schreibt, geht aus den Aufzeichnungen des Beamten eindeutig hervor, dass bei der Aktion des Telefonkonzerns, in die auch externe Dienstleister eingebunden waren, gegen das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis verstoßen wurde und dies den Akteuren damals auch bewusst gewesen sei. Trotzdem hätten die Experten des Telekom-Zentrums für Netzsicherheit die Beschaffung eigener Abhörtechnik empfohlen. Es sei zu riskant, Abhöraufträge an Externe zu vergeben.

»Wir können auf Grundlage der Unterlagen, die uns zur Verfügung stehen, ein Abhören nicht nachvollziehen«, sagte Telekom-Sprecher Mark Nierwetberg. »Wir haben die ›WirtschaftsWoche‹ gebeten, die Unterlagen uns oder der Staatsanwaltschaft auszuhändigen. Wir haben kein Interesse, irgendetwas zu verbergen.« Matthias Kurth, Chef der Bundesnetzagentur, räumte im Interview mit der »WirtschaftsWoche« ein, dass die Deutsche Telekom erst seit dem Herbst 2001 Abhörmaßnahmen so protokolliert, wie es das Gesetz verlangt. Seine Vorgänger hätten deshalb einen Missbrauch gar nicht feststellen können.

Telekom-Chef René Obermann schloss seinen Rücktritt wegen der Spitzelaffäre aus. Er habe sich persönlich nichts vorzuwerfen, sagte Obermann dem »Spiegel«. Zugleich kündigte er an, sich für das »völlig inakzeptable Verhalten der Telekom« bei möglichen weiteren Betroffenen zu entschuldigen. »Wir brauchen mehr Zivilcourage«, sagte Obermann. »Mitarbeiter müssen wissen, dass es richtig ist, Anweisungen von Vorgesetzten hinterfragen zu dürfen und im Zweifelsfall auch abzulehnen.«

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