Essen statt Tanken

»Brot für die Welt« fordert einen Rückgang der Agrospritproduktion

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Hilfswerk »Brot für die Welt« hat am Donnerstag in Berlin vor einem weiteren Ausbau der Agrospritproduktion gewarnt. Ein Zusammenhang mit der Nahrungsmittelkrise sei nicht zu leugnen. Gleichzeitig zog die Direktorin, Cornelia Füllkrug-Weitzel, eine positive Jahresbilanz für 2007.

Während sich in Deutschland Autofahrer über hohe Spritpreise ärgern, kämpfen Menschen in Entwicklungsländern ums Überleben. Die Direktorin des Hilfswerks »Brot für die Welt«, Cornelia Füllkrug-Weitzel, warnte deshalb gestern vor den verheerenden Folgen des Klimawandels und einer steigenden Produktion von Agrotreibstoffen. »Wenn auf Anbauflächen statt Nahrung Treibstoff produziert wird, während Menschen an Hunger leiden, ist das mehr als falsch«, sagte Füllkrug-Weitzel. Es sei außerdem ein Skandal, wenn in Brasilien Kleinbauern und Ureinwohner von ihrem Land vertrieben werden, um dort Rohstoffe für Agrotreibstoffe anzubauen. Ein weiteres Problem ist der wachsende Einsatz von Sklavenarbeitern in Brasilien. Allein in Amazonien wurden auf Agrospritfarmen im vergangenem Jahr 1100 Sklaven von der Organisation befreit. »Dass die EU solche Menschenrechtsverletzungen einfach zulässt, ist verwerflich«, betonte die Direktorin.

Ein Schwerpunkt der Arbeit von »Brot für die Welt« war und bleibt die Ernährungssicherheit. Ein Drittel aller Spendenmittel sei in die Unterstützung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und des ländlichen Raumes geflossen, heißt es. »Schon seit Jahren warnen wir vor der Vernachlässigung der Kleinbauern«, sagte Füllkrug-Weitzel. Die Weltbank habe einfach beschlossen, dass es sich nicht lohne, in Kleinbauern zu investieren und diesen Menschen deshalb zum Umzug in die Stadt geraten. Nun kämpften sie mit den hohen Lebensmittelpreisen. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft sichere aber 80 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion. »Die Investition in die Kleinbauern ist deshalb eine nachhaltige Politik, die zur Selbstversorgung führt«, erklärte Füllkrug-Weitzel.

Ein Beispiel für erfolgreiche Ernährungssicherheit ist das Projekt »Kleinkredite gegen Hunger« in Bangladesch. »Hier lernen vor allem Frauen und Mädchen den Umgang mit Fischzucht und Landwirtschaft und können sich ein Einkommen erwirtschaften.«

Ein weiterer Fokus ist für das Hilfswerk der Klimaschutz. Statt auf Agrotreibstoff zu setzen, solle man Energiespar- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen entwickeln. Kritik äußerte Füllkrug-Weitzel auch am G8-Treffen. »Den Staatsvertretern ging es bei dem Gipfel gar nicht um die Hungerbekämpfung.« Der Bundesregierung warf sie vor, die Unterstützung von Kleinbauern radikal auf drei Prozent ihrer Entwicklungsausgaben zurückgefahren zu haben. Hier sei eine Aufstockung der Mittel auf mindestens zehn Prozent nötig.

Positiv äußerte sich die Entwicklungsexpertin hingegen zu den Spenden im Jahr 2007. »Brot für die Welt« hat 52,8 Millionen Euro an Spenden erhalten. Das ist ein Plus von 1,3 Millionen Euro gegenüber 2006. Durch weitere Gelder aus Zinsen konnten die Einnahmen um zehn Prozent, das sind rund sechs Millionen Euro, gesteigert werden. »Dank der guten finanziellen Entwicklung konnten wir 2007 in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa insgesamt 1171 Projekte fördern. Das sind 100 Projekte mehr als im Vorjahr.« Grund für die verbesserte Lage sei eine effektivere Öffentlichkeitsarbeit.

Von der bis 2012 angestrebten Fusion mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) verspricht sich die Direktorin eine Effizienzsteigerung zu Gunsten der Armen der Welt. Für den Umzug an den neuen Standort Berlin werden keine Spendengelder genutzt.

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