Preis-verdächtig

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 1 Min.

Die Lutherstädte vergeben alle zwei Jahre einen Preis: »Das unerschrockene Wort.« Erfurts CDU schlägt dafür die Sozialdemokratin Dagmar Metzger vor: Sie hatte sich, im März in Hessen, einer SPD-Regierungsbildung verweigert, sollte diese nur mit Hilfe der LINKEN möglich sein. Metzger, so die Erfurter, habe »ihre Gewissensentscheidung über scheinbare Erfordernisse der aktuellen Tagespolitik gestellt«.

Das sind erschreckende Worte anlässlich eines Preises, der »Das unerschrockene Wort« heißt. CDU-Politiker loben einen fremden Charakter und offenbaren ihren eigenen: Gewissenskraft wird preisverdächtig, nur weil sie nicht Regel ist, sondern Ausnahme. Was die SPD in Not brachte, wird ausgerechnet von der CDU zur Tugend erklärt. Moral ist Luther, Demokratie ein Luder, sie tobt ihre Schadenfreude aus.

Aber ehe ein Missverständnis aufkommt: Der Preis der Lutherstädte gehört trotzdem, naturgemäß, in die Nähe der Politik. Es gibt zwischen dem Reformator und unseren weltlichen Funktionären eine durchaus zeitgemäße Verbindung. Protestantisches und heutiges politisches Ethos bilden geradezu eine Einheit. Entschieden warf Luther dem Kaiser jene Worte ins Gesicht, die Grundlage jeder heutigen Parteikarriere sind: »Hier stehe ich, ich kann auch anders.«

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