Einzug der Geschlechtergerechtigkeit

Gleichstellungspolitik soll von allen Senatsverwaltungen umgesetzt werden

  • Jutta Blume
  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin ist das erste Bundesland, das sich ein gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm gesetzt hat. Das Programm formuliert Gleichstellungsziele, die Eingang in die reguläre Arbeit aller Senatsverwaltungen finden sollen. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung fehlen aber noch.

Bei einer öffentlichen Diskussion im Abgeordnetenhaus am Mittwochabend hatte eine Vielzahl von Frauen die Gelegenheit, Anforderungen an die Gleichstellungspolitik zu benennen. Zur Diskussion hatten die frauenpolitischen Sprecherinnen der SPD-Fraktion, Canan Bayram, und der Linksfraktion, Evrim Baba, eingeladen.

Frauen sind nach wie vor in vielen Lebensbereichen benachteiligt. Das betrifft die Aufgabenverteilung in Familie und Erziehung, die Bildung und Ausbildung, die Erwerbsarbeit und nicht zuletzt die Erfahrung häuslicher Gewalt. In Schule und Vorschule zeigt sich aber auch Förderungsbedarf bei den Jungen. Das Rahmenprogramm des Senats benennt umfangreiche Ziele, etwa die Erhöhung des Frauenanteils in technischen Berufen, die Verbesserung der Wohnsituation alleinerziehender Mütter oder den Ausbau einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen.

Die Senatsverwaltungen sollen aus der langen Liste von Zielen nun die wichtigsten herausgreifen und Maßnahmen für die Umsetzung entwickeln. Ein eigenes Budget ist dafür nicht vorgesehen. »Die Senatsverwaltungen müssen aufgefordert werden, die finanziellen Ressourcen bereitzustellen«, sagt Evrim Baba.

Ihre Kollegin Canan Bayram erwartet, dass sich nun keine Verwaltung mehr aus der Verantwortung herausnehmen kann. Die Erwartungen sind hoch: Schon in den nächsten vier Jahren soll sich die Gleichstellung der Geschlechter in Berlin spürbar verbessern, heißt es im Vorwort des Programms.

Die Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, Almuth Nehring-Venus (LINKE), stellt sich einen jährlichen Ergebnisbericht vor, erstmals also 2009. Hildegard-Maria Nickel, Sozialwissenschaftlerin an der Humboldt-Universität, kritisiert hingegen das Fehlen von Zwischenzielen bis 2009. »Ich finde es wichtig, dass es politische Schwerpunktsetzungen gibt«, so Nickel. Konkrete Punkte seien in dem Programm durchaus benannt, verschwänden aber in der Vielzahl der Aufgabenstellungen.

Bei den dringenden Problemen konnten allerdings die Gäste aushelfen: So beklagten Frauensprecherinnen von BVG, Polizei und Berliner Wasserbetrieben, dass Kinderbetreuungsangebote für den Schichtdienst nicht angemessen seien. Gerade alleinerziehende Frauen, aber auch alleinerziehende Männer blieben auf sich selbst gestellt. Zudem könnte ein Zeichen gesetzt werden, wenn die Vorstände der landeseigenen Unternehmen endlich mit Frauen besetzt würden.

Bei der Bekämpfung von Altersarmut könnte der Senat bei seinen eigenen Angestellten anfangen. 600 Erzieherinnen arbeiteten derzeit in unbefristeter Teilzeit und hätten bislang keine Möglichkeit zur Aufstockung ihrer Arbeitszeit erhalten.

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