Neuer Banken-Mitspieler

Französische Crédit Mutuel überbietet Ackermann bei Citibank

Die Deutsche Bank ist mal wieder leer ausgegangen: Das Privatkundengeschäft der Citibank in Deutschland übernimmt ein französischer Genossenschaftsriese.

Die Neugestaltung des deutschen Privatbankenmarktes ist einen Schritt vorangekommen – und wieder hat ein europäischer Konkurrent den Zuschlag bekommen. Der Genossenschaftsriese Crédit Mutuel – mit rund 60 000 Mitarbeitern und 1800 lokalen Ablegern die zweitgrößte französische Bank im Privatkundengeschäft – übernimmt für 4,9 Milliarden Euro die Citibank Deutschland. Die US-Konzernmutter Citigroup, die im Zuge der Finanzmarktkrise in die Schieflage geraten war und dringend nach frischem Kapital sucht, hat damit überraschend schnell einen Käufer für seine deutsche Privatkundensparte gefunden.

Damit sind einige der Gedankenspiele von Börsianern, Analysten und hiesiger Wirtschaftspresse obsolet. So war spekuliert worden, dass die Deutsche Bank, deren Kasse für Übernahmen mit 20 Milliarden Euro gut gefüllt sein soll, die Citibank und die ebenfalls zum Verkauf stehende Postbank schlucken wird. Der deutsche Privatbankenprimus, der vom Börsenwert her in Europa nicht einmal mehr unter den Top Ten geführt wird, hat unter der Führung von Konzernchef Josef Ackermann das margenschwache, aber konjunkturresistente Privatkundengeschäft abgebaut und stattdessen auf den internationalen Ausbau der schwankungsanfälligen Invest-mentsparte gesetzt. Zwar kam die Deutsche Bank beim Crash des US-Hypothekenmarktes mit einem blauen Auge davon, da sie rechtzeitig heute praktisch wertlose Portfolios weiterverscherbelt haben soll – u. a. an die Mittelstandsbank IKB. Als Lehre aus der Finanzkrise will man nun aber wieder in der Fläche wachsen. Die Übernahme eines Konkurrenten wäre der schnellste Weg. Allerdings verliert Ackermann dabei seit Hauptziel, eine dauerhaft hohe Rendite für die Aktionäre, nicht aus dem Auge. Die Citibank war einfach zu teuer.

Bei der Gewerkschaft ver.di wird dies begrüßt. Sie befürchtet im Fall von Fusionen den Verlust von mehreren tausend Stellen im deutschen Bankensektor, wobei die Postbank das Hauptsorgenkind ist. Im Falle der Übernahme der Citibank durch Crédit Mutuel rechnet ver.di nach eigener Aussage »kurzfristig nicht mit gravierenden Auswirkungen auf die Arbeitsplätze«.

Tatsächlich können die Franzosen aus einem ganz einfachen Grund gar keine Filialen zusammenlegen und dabei zu Lasten der Beschäftigten Kosten sparen: Der Genossenschaftsriese ist hier noch gar nicht präsent. Die Übernahme bietet erst die Möglichkeit, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Dafür werden die 340 Filialen der Citibank benötigt, die in Deutschland nach eigenen Angaben 3,25 Millionen Kunden betreut und 6800 Mitarbeiter hat. Wie aus Unternehmenskreisen verlautete, soll es zumindest in den nächsten 18 Monaten keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Niederlassungsschließungen geben. Konzernsprecher Bruno Brouchiquan sagte am Freitag, es werde »vorerst keine Veränderungen geben«.

Und auch Verbraucherschützer hegen gewisse Hoffnungen. Bei ihnen hat die Citibank, die zu den Marktführern bei Konsumentenkrediten in Deutschland gehört, einen schlechten Ruf. Der Vorwurf lautet, in vielen Fällen teure Restschuldversicherungen für Kredite verkauft zu haben. Der Finanzexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Manfred Westphal, forderte die neuen Eigner auf, den Service zu verbessern.

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