Ein Sieg von Klitschko lohnt sich nicht

Profi-Boxweltmeister hoher Favorit gegen Thompson

  • Andreas Hardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf Wladimir Klitschko zu tippen, lohnt sich einfach nicht: Nur neun Cent Gewinn für einen Einsatz von einem Euro bekommt ausgezahlt, wer auf den Schwergewichts-Weltmeister setzt. Der Ukrainer ist vor der Titelverteidigung seiner beiden Weltmeistergürtel nach WBO- und IBF-Version am Sonnabend in Hamburg gegen den Herausforderer Tony Thompson bei den Wettanbietern haushoher Favorit. Für einen Erfolg des US-Amerikaners könnte man dagegen 6,50 für einen Euro einstreichen – vielleicht ein lohnendes Investment.

Der bereits 36-jährige Thompson hat schließlich schon mal als Spielverderber auf sich aufmerksam gemacht. Vor fast genau einem Jahr schlug er an gleicher Stelle Luan Krasniqi k.o. Thompson ist Rechtsausleger und damit ungewöhnlich zu boxen. »Ich bin sicher, dass ich gewinne, weil ich gar nicht mehr weiß, wie es ist, zu verlieren«, kündigte der siebenfache Vater aus Washington an, der zum bislang einzigen Mal vor acht Jahren einem Gegner unterlegen war.

Immerhin bis auf Platz sechs der Computer-Weltrangliste hat sich Thompson über die Jahre nach vorn geboxt. Bemerkenswert für einen Kämpfer, der überhaupt erst mit 27 Jahren begonnen hat. »Wenn ich Wladimir Klitschko besiege, wird mich das in den USA berühmt machen«, meint Thompson. »Dann kommt das große Geld von ganz allein.«

Es wäre der märchenhafte Schlusspunkt einer dieser gruselig-romantischen Ghetto-Stories. Sein Vater saß im Gefängnis, seine Mutter war selten zu Hause. Tony und seine neun Geschwister wurden von den Großeltern großgezogen. Oma Cathrin starb, als Tony 13 Jahre alt war. Eine Jugendgang wurde sein Lebensmittelpunkt.

Dass der ehemalige Straßenschläger überhaupt den Weg zum geregelten Boxsport fand, war Zufall. In einem Gym in Maryland erkannte man sein Talent. Erst mit 28 Jahren wurde er Profi und musste im Juli 2000 in seinem fünften Profikampf seine bisher einzige Niederlage hinnehmen.

»Ich werde den Kampf kontrollieren, aggressiv sein und nicht erst nach zwölf Runden gewinnen«, meinte Thompson selbstbewusst. »Ich werde schließlich nicht nach Stunden bezahlt.«

Gegen Klitschko stand er übrigens schon mal im Ring – vor fünf Jahren beim Sparring. Besonderen Eindruck scheint der gefährliche Konterboxer dabei aber nicht hinterlassen zu haben, der Weltmeister erinnerte sich jedenfalls nicht an Thompson. »Man darf niemanden unterschätzen, das habe ich gelernt«, sagte Klitschko. »Um seine Schwächen zu zeigen, werde ich aber meine Fäuste sprechen lassen.«

RTL macht ein Showspektakel aus der Auseinandersetzung, das weit über den Sport hinausgeht. Unzählige Promis haben die Einladung zu einem Platz am Ring akzeptiert. Von Lukas Podolski über Uschi Glas bis Boris Becker und Umweltminister Sigmar Gabriel reicht die Liste. Die Britin Leona Lewis, laut Pressemitteilung »ein absoluter Weltstar«, stellt vor dem Kampf in der Halle ihre neue Single vor.

Sich auf das Geschäft im Ring zu konzentrieren, wird wahrscheinlich die schwerste Aufgabe für den Champion sein. Der Kampf in Klitschkos Wahlheimat Hamburg hat längst Eventcharakter mit allem Drumherum angenommen. Auch da kann Klitschko aus persönlichen Erfahrungen schöpfen. Im Dezember 1998 trat er als umjubelter Homeboy in seiner tatsächlichen Heimatstadt Kiew an – und verlor gegen den völlig unbekannten Ross Puritty. sid

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