nd-aktuell.de / 17.07.2008 / Brandenburg / Seite 23

Von der Arbeit mit den Händen

In »Goldener Boden« befasst sich Lubricat mit Geschichte und Zustand des Handwerks

Robert Meyer

Ist Handwerk nur die Umformung von verschiedensten Materialien in Gebrauchsgegenstände aller Art? Was die uralte menschliche Tradition des Erschaffens mit den Händen sonst noch bedeuten kann, zeigt die Theatercompany Lubricat in dem Stück »Goldener Boden«.

Weben, zimmern, schmieden, Werkzeuge machen: Auf der Bühne des Ballhaus Ost entstehen Betrachtungen auf einzelne Handwerke und ihre Produktionsformen. Zugleich wird viel über die Weltsicht erzählt, die aus der Perspektive der Handarbeit entstanden ist und die vom Fortbestehen dieser Traditionen abhängt. Inszeniert hat das Stück Dirk Cieslak für die Lubricat-Gruppe, die erst kürzlich die Sophiensaele verlassen und das Ballhaus Ost als neuen Standort gewählt hat. Lubricat hat sich den »Forschungen in der Wirklichkeit« verschrieben. In »Goldener Boden« sieht die Theatercompany die alten Handwerkstraditionen durch die industrielle Produktion bedroht.

Unter den sechs Akteuren auf der Bühne sind vier Handwerker: Die Weberin erzählt von der Kunst, ein Tuch herzustellen, der Werkzeugmacher zitiert aus der Bibel »wie Gott Moses den Auftrag für den Bau der Stiftshütte erteilte«, um stolz zu zeigen, wie weit die Spur des Handwerks zurückreicht. Und die Maschinenbauerin, die von dem Punkt berichtet, an dem Perfektion in Pedanterie umschlägt, macht die Weber verantwortlich für das Entstehen industrieller Produktion. »Sie haben schließlich die ersten Maschinen gebaut.«

Vorgetragen wird das alles in lose nebeneinander stehenden Monologen, trocken aber locker rezitiert, wobei die verschiedenen Perspektiven der Handwerker schließlich in einem Gesamtbild der praktischen Arbeit münden. In manchen Momenten erscheint deshalb das Spiel auf der Bühne wie ein Gedächtnis, das durchforstet wird, dabei all sein Wissen über das Handwerk preisgibt und so einen kulturhistorischen Horizont öffnet, der von den Anfängen und von der Gegenwart erzählt – eine kleine Evolutionsgeschichte des Handwerks auf der Bühne also.

Wie es heute allerdings um die Bedeutung des Handwerks steht, zeigt der Arbeitsvermittler im Stück: »Sie sind nur Weberin, sonst nichts? Wenn Sie jetzt noch Therapeutin wären!«

17. bis 20. 7. und 24. bis 27. 7., 21 Uhr. Ballhaus Ost, Pappelallee 15, Prenzlauer Berg, Karten: 47 99 74 74