nd-aktuell.de / 18.07.2008 / Politik / Seite 5

Koalition pocht auf Hausarzt-Verträge

Für Kassen Zeitrahmen bis Juni 2009 geplant

Alle Krankenkassen sollen nach Gesetzesplänen der Koalition bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Hausarztverbänden schließen, damit gesetzlich Versicherte bundesweit Vergünstigungen bekommen, wenn sie immer zuerst zum Hausarzt gehen. Das einstige Monopol der Kassenärztlichen Vereinigungen für Verträge der niedergelassenen Ärzte wäre damit endgültig gebrochen.

Berlin (Agenturen/ND). Trotz einer Stärkung der Hausärzte durch die Gesundheitsreform 2007 seien nicht genügend Verträge zustande gekommen, »um den Versicherten ein entsprechendes flächendeckendes Angebot zu unterbreiten«, heißt es in dem der dpa vorliegenden Änderungsantrag. Insbesondere die Sozialdemokraten sind nach Angaben der »Süddeutschen Zeitung« darüber verärgert, dass von den 217 Kassen bislang nur etwa 60 Hausärzteverträge abgeschlossen haben, obwohl dies eigentlich bereits seit April 2007 Pflicht ist. Bislang hatten Union und SPD darauf verzichtet, den Kassen einen gesetzlichen Zeitrahmen vorzugeben.

Die Entscheidung für einen Hausarzttarif ist in der Regel mit Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen verbunden. Für die Mediziner ist eine auf fünf Jahre verlängerte Weiterbildung Pflicht. So soll auch die Qualität steigen, teure Facharztbesuche sollen eingedämmt werden.

In Berlin gründete sich am Donnerstag der Gemeinsame Bundesausschuss – das oberste Beschlussgremium der Selbstverwaltung von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken – in stark reformierter Form neu. Die Entscheidungen über die Bezahlung von Arzneien und Therapien für 70 Millionen gesetzlich Versicherte sollen dadurch transparenter werden. Seit seiner Gründung 2004 fasste der Ausschuss rund 430 Beschlüsse. Zu rund zwei Dritteln brachten die Entscheidungen neue Leistungen für die Versicherten, jüngst etwa Hautkrebs-Frühuntersuchungen. In rund einem Drittel der Fälle bezahlten die Kassen Therapien nicht mehr. Beschlüsse zum Beispiel gegen künstliches Insulin für Diabetiker zogen vehemente Proteste Betroffener nach sich.

Sachsen will gegen Konvergenzklausel klagen

Unterdessen plant Sachsen als erstes Bundesland, wichtige Teile der Gesundheitsreform vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall zu bringen. Sollten die Gespräche mit dem Bund keine Einigung bringen, werde sein Land die Verfassungsmäßigkeit der Konvergenzklausel prüfen lassen, kündigte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) im »Handelsblatt« an. Die Konvergenzklausel soll eigentlich dazu dienen, den Finanzausgleich zwischen ärmeren und reicheren Kassen zu begrenzen. Sachsen sieht die Gefahr, dass durch die Konvergenzklausel mehr als 300 Millionen Euro der sächsischen Beitragszahler aus dem Land abflössen. »Im Effekt würden damit die wirtschaftlichen Kassen in Sachsen und die sächsischen Ärzte, deren Honorar unter dem Niveau der alten Länder liegt, die höheren Arzthonorare in Bayern finanzieren. Das werde ich nicht kampflos hinnehmen«, sagte Tillich der Zeitung.