Tigertomate und Igelittäschlein

Londons Märkte sind mehr als Kaufhallen. Hier genießen Auge, Ohr und Nase.

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.
Unter der Camden Bridge beginnt das wilde Markttreiben.
Unter der Camden Bridge beginnt das wilde Markttreiben.

Noch immer zeugen schwarze Brandspuren an einigen Häusern der Camden High Street kurz vor der Camden Brigde im gleichnamigen Stadtteil von London vom verheerenden Brand, der hier im Februar wütete. Er verschonte auch den Kultpub Hawley Arms nicht. So wird leider die Chance des Touristen geringer, auf dem Weg zum Camden Market Prominente wie Amy Winehouse, Pete Doherty oder Kate Moss zu treffen. Aber auch ohne Promis kann man hier genügend schrilles Leben und Treiben bestaunen und junges Volk treffen, dessen Äußeres mehr als ein bisschen vom gewöhnlichen Businesslook der Großstädte abweicht. Beim Durchstreifen der sechs Straßen- und Hallenmärkte, durch die sich für gewöhnlich Völkerwanderungen wälzen, kann man dem eigenen Outfit auch ein wenig auf die Sprünge helfen – mit der feinen Yves-Saint-Laurent-Weste vielleicht, die für 35 Euro ein echtes Schnäppchen ist, oder dem funkelnden riesengroßen Strassfingerring für nur einen Euro. Stiefel im Häkellook, Tischchen auf Tierrücken, Taschen aus Igelit und tausend Sächelchen, die man nirgends je gesehen hat (und die womöglich auch keine Menschenseele benötigt) machen einen Ausflug auf diesen riesengroßen Straßenmarkt zum unvergessenen Erlebnis. Er hält sich übrigens für den größten seiner Art im ganzen Land und zählt mit mehr als einer halben Million Besuchern zu den am meisten besuchten Attraktionen in der britischen Hauptstadt. Manche Londoner sagen, dass es hier auch die beste Auswahl an Currys gibt, die sich der Gaumen vorstellen kann. Auf jeden Fall ist sie verführerisch groß und bunt wie ein indischer Sari. Und wie gut dieses Essen riecht ...

Geht es um den Einkauf von Nahrungsmitteln, ist man auf dem Borough Market in Southwark im Südosten von London richtig. Die Ursprünge des Handels in dieser Riesenhalle gehen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Traditionell wird hier besonders Frisches unter die Leute gebracht: Obst, Gemüse, Fisch und Backwaren, Schokolade, Trüffel – malerisch drapiert und herrliche Düfte aussendend. Normalerweise kommt der Neuling am ersten Stand mit Imbissangebot nicht vorbei und bereut dann alle paar Meter aufs Neue, schon gegessen zu haben. Als besonderer Tipp gelten Öko-Schokoladenkuchen oder Sandwiches mit Schinken und Rucola, Pellkartoffeln mit gegrilltem Käse oder Tigertomaten für den Salat zu Hause.

Selbstverständlich kommt man an einem so berühmten Ort inmitten von London nicht ohne die Erwähnung prominenter Zeitgenossen aus. Fernsehkoch und Jungstar Jamie Oliver soll hier seine frischen Zutaten für die Bildschirm-Kochshows kaufen. Doch den würde ich im Marktgetümmel sowieso nicht erkennen.

Borough Market: 9 Borough High Street, London SE1 1TL, geöffnet Donnerstag von 11 bis 17 Uhr, Freitag von 12 bis 18 Uhr und Sonnabend von 9 bis 16 Uhr.
Camden Market: Verschiedene Hallen und Areale rund um Camden High Street, Chalk Farm Road und Regent's Canal, täglich geöffnet von 9 bis 17.30 Uhr.

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