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Geiz nicht geil, sondern teuer

Jedes zweite Elektrogerät frisst zu viel Energie

  • Thomas Nitz
  • Lesedauer: 3 Min.
Manche Elektrogeräte tarnen sich häufig als Schnäppchen und erweisen sich später als enorme Energiefresser. Am Ende zahlt der Verbraucher drauf.

Trotz steigender Strompreise und globaler Bemühungen, die CO2-Emission zu verringern, verkaufen führende Händler immer noch zu viele Strom fressende Geräte. Das belegt eine Studie des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die das Sortiment von Kühl-Gefrierkombinationen in Elektromärkten, Versandhäusern und bei Onlineanbietern begutachtet hat.

Familien kaufen gern billig
Danach ist fast jedes zweite Gerät technisch veraltet und verbraucht 50 Prozent mehr Energie als die modernen Geräte der Energieeffizienzklasse A++. Die sparsamen Geräte dieser Generation machen hingegen nicht einmal zehn Prozent der im Handel erhältlichen Geräte aus, kosten aber das Doppelte bis Dreifache.

Bereits nach fünf Jahren übersteigen bei vielen Billiggeräten die Kosten für den Energieverbrauch den Anschaffungspreis. Für Klaus Brunsmeier, stellvertretender BUND-Vorsitzender, ist das ein Problem: »Billige Elektrogeräte täuschen die Verbraucher über die tatsächlichen Kosten.« Leidtragende sind vor allem einkommensschwache Familien, die keine andere Wahl haben, als ein preiswertes Gerät zu kaufen.

Zudem bedeuten ineffiziente Geräte wegen des hohen Energieverbrauchs auch mehr Treibhausgase. Der BUND fordert die Bundesregierung auf, über Steuervergünstigungen den Kauf von sparsamen Elektrogeräten zu fördern und die Stromfresser vom Markt zu nehmen. »Letztlich ist das Sozialpolitik«, sagt Brunsmeier. Er verweist auf Italien. Dort hätte eine ähnliche Maßnahme dazu geführt, dass fast viermal so viele sparsame Geräte verkauft worden seien. Der BUND schlägt ein Förderprogramm in Höhe von 200 Millionen Euro vor. Die Mittel dafür könnten aus dem Erlös des Emissionshandels kommen.

Aber auch die Industrie ist gefordert. Denn sparsam muss nicht gleich teuer sein, wie eine Untersuchung der Technischen Universität München im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie belegt. Demnach lässt sich der Energieverbrauch in Kühlgeräten schon mit einem geringen Aufwand verringern, etwa durch verbesserte Wärmeisolierung, effizientere Elektromotoren und durch den Einbau eines zusätzlichen Gleichrichters.

Die Industrie kennt solche Verbesserungsmöglichkeiten. Allerdings ist Energieeffizienz kein entscheidendes Kriterium für die Hersteller. Heinz Werner Blaß, der Geschäftsführer des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, argumentiert, dass die Verbraucher ihre Kaufentscheidung in erster Linie nach Preis und Ausstattung richten. Kurt-Ludwig Gutberlet, Geschäftsführer von Bosch und Siemens Hausgeräte, sieht den Handel in der Pflicht, Konsumenten mehr über den Energieverbrauch der Geräte zu beraten. Bisher können die europäischen Elektrogerätehersteller verbindliche Richtlinien durch freiwillige Selbstverpflichtungen verhindern.

Top-Runner-Prinzip in Japan
Eine andere Möglichkeit, den Marktanteil energiesparender Geräte zu erhöhen, könnte das japanische Top-Runner-Prinzip sein: In dem asiatischen Land setzen die energieeffizientesten Geräte den Maßstab. Steuerliche Auflagen benachteiligen sämtliche Geräte, die den Mindeststandard binnen drei bis fünf Jahren nicht erreichen. Oder sie werden ganz aus dem Verkehr gezogen. So entwickeln Hersteller sparsame Geräte, um am Markt führend zu sein. Stromfresser hingegen verschwinden. Japan produziert weltweit die sparsamsten Elektrogeräte.

Laut Koalitionsvertrag soll das Top-Runner-Prinzip auch in Deutschland eingeführt werden. Wie das gehen soll, ist bislang unklar. Zumindest will die Bundesregierung Verbrauchern einen Zuschuss gewähren, wenn sie Strom sparende Geräten kaufen.

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