nd-aktuell.de / 26.08.2008 / Politik / Seite 2

Feldbefreier in Gießen vor Gericht

Aktionswoche der Projektwerkstatt Saasen

Jens Hermann, Gießen
Mehr als zwei Jahre nach der angekündigten Zerstörung eines Versuchsfeldes mit transgener Gerste beginnt am heutigen Dienstag der Prozess gegen zwei Feldbefreier vor dem Gießener Amtsgericht.

Die Zerstörung der Gentech-Pflanzen auf dem Gelände der Universität Gießen zu Pfingsten 2006 hatten die Feldbefreier angekündigt. Trotz Wachschutz durch Polizei und Universität war es bei Protestaktionen gegen das am Unicampus gelegene Versuchsfeld vier Demonstranten gelungen, auf das eingezäunte Feld vorzudringen. Dort zerstörten sie vor laufenden TV-Kameras rund 20 Prozent der Pflanzen, bevor die Polizei sie festnahm.

Gegen zwei Beteiligte wurde die Anklage fallen gelassen. »Wir dachten schon, die Universität würde auf den Prozess komplett verzichten, aber nun haben sie wohl allen Mut zusammengenommen, ihn doch noch durchzuführen«, meint der angeklagte Gentechnikgegner Jörg Bergstedt im Vorfeld der Verhandlung. Die Feldbefreier aus der nahe Gießen gelegenen »Projektwerkstatt Saasen« haben einen heißen Prozess angekündigt. Mit einer Aktionswoche wollen sie jetzt mit kreativem Protest auf das Thema aufmerksam machen. Im Umgang mit der Justiz sind sie ebenso erfahren wie mit der immer wieder gegen die Projektwerkstatt vorgehende Polizei. Seine Erlebnisse hat Bergstedt zuletzt in »Tatort Gutfleischstraße« veröffentlicht. Er wirft den Behörden mit Manipulation, Falschaussagen oder auch illegalen Hausdurchsuchungen eine Reihe von Rechtsbrüchen vor. Einige sind höchstrichterlich bestätigt worden. So gaben das Bundesverfassungsgericht und das Oberlandesgericht Frankfurt Bergstedts Klagen 2007 statt und erklärten gegen ihn ergangene Urteile für ungültig.

Im Prozess heute geht es den Aktivisten darum, deutlich zu machen, dass die Gentechnik zu Monopolisierung und Machtkonzentration führe, erklärte der zweite Angeklagte Patrick Neuhaus gestern gegenüber ND. Die Zerstörung des unter der Leitung von Karl-Heinz Kogel praktizierten Biosicherheitsversuchs sei ein Akt der Notwehr gewesen, da die Behörden nicht gegen den zweifelhaften Versuch vorgehen wollten. Aus Sicht der Gentech-Gegner handelt es sich schlicht um Produktentwicklung.

Für den Vorsitzenden Amtsrichter, Frank Oehm, spielen Fragen der Gentechnik keine Rolle. Vorab begründete er seine Ablehnung einer Pflichtverteidigung damit, dass es »nach derzeitiger Bewertung nicht auf Erwägungen zum Recht der Gentechnik« ankomme. Die Universität Gießen verweigerte gestern jede Stellungnahme.

Infos: www.projektwerkstatt.de[1]

Links:

  1. http://www.projektwerkstatt.de