Bangkoks suspekter Massenprotest

Premier schließt gewaltsame Räumung aus

  • Daniel Kestenholz, Bangkok
  • Lesedauer: 2 Min.
Mehr als 10 000 Menschen blockieren seit Dienstag in Bangkok Regierungsgebäude – trotz gerichtlicher Aufforderung zum Abzug. Die Polizei rückte am Donnerstag mit mehr als 100 Bussen an, verzichtete aber auf den Einsatz von Gewalt.

Thailands Ministerpräsident Samak Sundaravej ist bereits umgezogen. Statt in seinem Büro im belagerten Regierungsgebäude arbeitet er nun in einem Armeehauptquartier bei Bangkok. Bis jetzt ignorieren nämlich die Demonstranten eine gerichtliche Aufforderung zum Abzug. Die Polizei forderte die Teilnehmer bisher erfolglos auf, freiwillig abzuziehen.

Die Opposition wirft der Regierung vor, Marionetten des früheren Regierungschefs Thaksin Shinawatra zu sein, der im September 2006 nach Korruptionsvorwürfen bei einem unblutigen Militärputsch gestürzt worden war.

Der nationale Polizeichef Patcharawat Wongsuwan sicherte den Demonstranten eine »sanfte Methode« zu, um die Proteste zu gegebener Zeit aufzulösen. Weder werde ein Ultimatum gestellt noch eine Razzia durchgeführt, so Thailands höchster Polizist, dem sich Premier Samak anschloss. Dies, obwohl das Strafgericht am Mittwoch Haftbefehle gegen insgesamt neun Protestführer erließ – mitunter mit dem Vorwurf des Verrats, worauf bei einem Schuldspruch die Todesstrafe steht.

Doch die Vollzugsbeamten haben sich bislang nicht durch die Menge der Demonstranten gewagt, die ihre Führer mit einem menschlichen Schutzschild umgeben. Der Führung der Volksallianz für Demokratie (PAD) wird von den Behörden dabei vorgeworfen, einfache Leute als Kanonenfutter zu missbrauchen. Ein radikaler Kern an PAD-Anhängern scheint jedoch keinen Befehl ihrer Idole in Frage zu stellen.

Gerade Protestführer Chamlong Srimuang, der sich bereits beim Demokratieaufstand von 1992 von einem Menschenschild umgeben ließ und dann verhaftet wurde, scheint auf seine Gefolgschaft eine geradezu magische Wirkung mit fast schon religiöser Hörigkeit auszuüben. Chamlong gehört einer strengbuddhistischen Sekte von Puritanern an, die Alkohol und Tabak wie den Teufel meiden. Doch die Regierung will mit einer Hinhaltetaktik der stillen Zermürbung um jeden Preis verhindern, dass Chamlong die Geschichte wieder erlebt und abermals zum Helden aufsteigt.

Ein Einschreiten der Armee mit einem Coup scheint weiter unwahrscheinlich. Auch gibt es Hinweise, dass hinter den Kulissen eine Übereinkunft getroffen wird, wonach die Belagerung am Sonntag beendet werden soll.

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