Kein Geld für eine Schultüte

Kinderschützer fordern kostenlose Bildung für alle

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 2 Min.
Ob Kitabetreuung oder Studiengebühren. Bildung kostet in Deutschland Geld. Damit muss Schluss sein, forderte der Deutsche Kinderschutzbund am Donnerstag in Berlin.

Knete, Malkasten, Stifte, Hefte, Hallenturnschuhe. Es ist eine Reihe von Materialien, die Kinder zur Einschulung benötigen. Dabei entstehen nach Berechnung des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) einmalige Kosten von bis zu 300 Euro pro Kind. »Da ist noch nicht einmal eine neue Jeans für den ersten Schultag enthalten«, sagte Heinz Hilgers, Präsident des DKSB am Donnerstag in Berlin. Kinder von armen Familien würden immer mehr von Bildung abgekoppelt. Der Kinderschutzbund fordert daher eine kostenlose Bildung von der Krippe bis zur Universität.

»Der Staat muss eine Armuts- prophylaxe betreiben, nur so haben Kinder von armen Eltern eine Chance, aus der Armut zu wachsen«, so Hilgers. Das funktioniere nur über kostenlose Bildung für alle, aber darum stünde es schlecht in Deutschland. Ganztagsbetreuungen seien teuer, auch die Studiengebühren gingen in eine falsche Richtung. Nicht nur Hartz IV-Familien seien betroffen, viele Eltern mit Durchschnittseinkommen müssten sich die Bildung ihrer Kinder »vom Mund absparen«. »Familien, deren Einkommen nur leicht über der Grenze von Leistungsbeziehern liegt, haben eine enorme Belastung zu tragen«, meinte Hilgers. Wie hoch die Belastungen sind, hängt auch von den einzelnen Bundesländern ab. Eine vollständige Lernmittelfreiheit gebe es nur noch in sechs Bundesländern. Die Verpflegungs- und Betreuungskosten an Ganztagsschulen sind unterschiedlich hoch, und auch die Fahrtkosten variieren regional stark. So zahlt ein Schüler in Köln für das Schülerticket etwas über 15 Euro, in Hamburg sind es zwischen 32 und 40 Euro.

In Deutschland leben etwa 2,4 Millionen Kinder in Armut, das sind rund 17 Prozent aller Kinder. »Jahr für Jahr erleben wir, dass Erstklässler nicht zur Einschulung kommen, weil sie sich keine Schultüte leisten können«, sagte Sabine Walther, Geschäftsführerin des DKSB Landesverband Berlin. Oft bekämen Eltern vor der Einschulung eine Liste der benötigten Materialien. »Auf dieser Liste stehen vermehrt Markenprodukte, die wirklich teuer sind«, so Walther. Daher sei eine Sensibilisierung der Lehrer für diese Probleme nötig.

Kinderreiche Familien leiden überdurchschnittlich unter finanziellen Belastungen. »Geringe finanzielle Mittel und Kinderreichtum dürfen sich nicht negativ auf die Bildungschancen von Kindern auswirken«, sagte Sabine Walther.

Neben kostenloser Bildung für alle fordert der Kinderschutzbund, die Regelsätze sozialer Leistungen am tatsächlichen Bedarf der Kinder und Jugendlichen zu orientieren. Der Kinderregelsatz entspricht derzeit 60 Prozent des Erwachsenenregelsatzes. Das sind rund 280 Euro monatlich pro Kind. »Dieser Regelsatz ist vollkommener Unsinn und zeugt von Respektlosigkeit gegenüber den Kindern«, kritisierte Hilgers. Der DKSB sprach sich für die Einführung einer Grundsicherung von 450 Euro pro Kind aus. »Damit kämen wir der Chancengleichheit ein Stück näher.«

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