nd-aktuell.de / 29.08.2008 / Brandenburg / Seite 15

Längeres Warten beim Arzt

Studie der Kassenärztlichen Vereinigung belegt: Berliner sind häufiger krank

Stefan Otto
Kassenpatienten müssen länger warten. ND-
Kassenpatienten müssen länger warten. ND-

Angelika Prehn ist besorgt: Die medizinische Situation in Berlin sei zunehmend angespannt, und die Unzufriedenheit der Versicherten wachse. Das ist das Ergebnis einer Umfrage bei Versicherten, die Prehn als Vorstandsvorsitzende der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung gestern Journalisten vorstellte. Aber ein dramatisches Szenario von einer zunehmenden Schere zwischen reichen Privat- und benachteiligten Kassenversicherten, wie die Patientenbeauftragte Karin Stötzner in ihrem Senatsbericht Anfang der Woche darstellte, sieht Prehn nicht. »Das Bild täuscht, weil sich dort nur die unmittelbar Betroffenen beschweren.«

Dabei seien die Berliner unverändert mit der fachlichen Kompetenz der Ärzte zufrieden, konstatierte Prehn. Zunehmend würden auch solche Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen, für deren Kosten der Versicherte selbst aufkommen muss. »Daran haben sich die Patienten gewöhnt«, sagte Prehn, machte aber deutlich, dass eine weitere »Erziehung des Patienten« notwendig sei, denn für jeden fünften Berliner belasten diese Zuzahlungen das Verhältnis zum Arzt.

Dabei sind die Berliner häufiger krank als noch vor zwei Jahren, besonders die Zahl der chronisch Kranken ist in Berlin deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Dadurch verlängerten sich die Wartezeiten. Aber noch immer bekomme fast die Hälfte aller Versicherten sofort einen Termin, sagte Dusan Tesic, Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Hier zeige sich zwar eine tendenzielle Bevorzugung von Privatversicherten, so Tesic, aber von einer drängenden Ungleichbehandlung könne keine Rede sein.

Gründe für langes Warten auf einen Termin macht Tesic im schmalen Budget aus, das Ärzte für Kassenversicherte haben. Am Ende eines Quartals sei das Geld oftmals aufgebraucht, weshalb die Patienten aufs nächste Quartal vertröstet würden. Prehn sieht hier dringenden Handlungsbedarf. Die Berliner Kassenärzte hätten bundesweit die kleinsten Einkommen. Ärzte weigerten sich zunehmend, Patienten ohne Vergütung zu behandeln. Das schlage sich etwa in einer Senkung der Öffnungszeiten ihrer Praxen nieder, womit sich dort die Wartezeiten weiter verlängern.

  • 84 Prozent der Berliner waren im vergangenen Jahr beim Arzt.
  • Viele Patienten sind chronisch krank: 16 Prozent der Versicherten gehen mehr als zehnmal zum Facharzt.
  • 50 Prozent der Berliner bekommen sofort einen Termin (2006 noch 62 Prozent).
  • Länger als drei Wochen müssen 9 Prozent der Kassenpatienten warten, aber nur 5 Prozent der Privatversicherten
  • 9 Prozent der Berliner sind privat versichert.