Zurückdrängen statt helfen

Pro Asyl moniert Umgang der Europäer mit Flüchtlingen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Sonnabend verleiht die Stiftung Pro Asyl ihren Menschenrechtspreis 2008 an eine griechische Anwaltsvereinigung. Pro Asyl nutzte den Anlass, um auf einer Pressekonferenz sowohl die deutsche als auch europäische Flüchtlingspolitik zu kritisieren.

Es tobt eine Art Krieg an den europäischen Außengrenzen. Seit 1988 sind mehr als 12 000 Menschen bei dem Versuch gestorben, europäisches Territorium zu erreichen.

Insbesondere das östliche Mittelmeer wird so zum Schauplatz eines menschenverachtenden Abwehrkampfes. Wer die Flucht überlebt, endet oft in einem Auffanglager der griechischen Behörden, wie Günter Burkhardt, der Geschäftsführer von Pro Asyl, am Donnerstag erläuterte. Seine Menschrechtsorganisation hatte zu einem Pressegespräch ins Berliner »Hotel Aquino« geladen. Anlass war die Verleihung des Menschenrechtspreises an einen griechischen Anwaltsverein, der sich für die Rechte aufgegriffener Flüchtlinge einsetzt.

Marianna Tzeferakou, Vertreterin des Anwaltsvereins, berichtete über die fragwürdigen Methoden der griechischen Behörden, um die unliebsamen Besucher wieder loszuwerden. »Man schlägt beispielsweise die Flüchtlingsboote leck oder nimmt ihnen Treibstoff und Lebensmittel ab«, berichtet die Anwältin. Mit allen Mitteln sollen die Menschen so zur Umkehr gezwungen werden. Flüchtlinge, die man an Land aufgreift, werden kurzzeitig interniert und dann zurück in die Türkei geschickt – ein klarer Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention, betonte Tzeferakou. Doch die Griechen trifft nur eine Teilschuld, meinte Günter Burkhardt: »Verantwortlich für die rigide Praxis der Griechen ist die Europäische Union und vor allem auch Deutschland«.

Im sogenannten Dublin II-Abkommen wurde bereits 2003 festgelegt, dass derjenige EU-Staat, über dessen Grenzen der Flüchtling erstmals in die Union einreist, auch für dessen Asylantrag zuständig ist. »Hier delegiert man das Problem an die europäischen Randstaaten wie Griechenland«, kritisierte Karl Kopp, der Europareferent von Pro Asyl. Mit Verweis auf das umstrittene Abkommen schicken deutsche Behörden über Griechenland eingereiste Flüchtlinge dorthin zurück. Somit sind die Griechen bemüht, sich der Flüchtlinge zu entledigen, bevor sie zum dauerhaften Problem werden. Denjenigen aber, denen die Einreise gelingt, steht das Schlimmste oft noch bevor. So berichtete Marianna Tzeferakou von einem Besuch des Lagers auf der Insel Lesbos. Teilweise setzt man die Betroffenen dort drei Monate lang fest. »Selbst nach wochenlanger Internierung trugen die Insassen immer noch dieselbe Kleidung wie am Tag ihrer Einreise«. Niemand versorge sie mit frischer Wäsche. Den Inhaftierten wäre nicht einmal der Hofgang gestattet gewesen.

Drei Monate inhaftiert

Da es sich bei den Auffanglagern oft um Provisorien handele, seien die hygienischen Bedingungen dort katastrophal. Auch Kinder gehörten zu den Insassen, berichtete Karl Kopp. Obwohl Deutschland über die Zustände informiert sei, würde auch weiterhin nach Griechenland abgeschoben.

Bei der Abwehr der Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen arbeiten die Europäer mittlerweile eng zusammen. Zu diesem Zweck wurde 2004 die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX gegründet. Deutschland stellt der Behörde Hubschrauber zur Verfügung, mit deren Hilfe man Flüchtlinge im Mittelmeer aufspüren kann. Vorrangiges Ziel dieser Operationen ist es, die Flüchtlinge zurückzudrängen, nicht sie aus Seenot zu retten. Immer wieder kommt es dabei zu tödlichen Zwischenfällen.

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