Liebe zum Detail

Premiere »Brennendes Pferd« im Theater Thikwa

  • Uta Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Liebe zum Detail

Die Aufführung beginnt schon im Foyer der neu gestalteten Spielstätte in der Kreuzberger Fidicinstraße 40. Auf großformatigen Fotografien begrüßen Darsteller des Stückes »Brennendes Pferd« das Publikum. Das wiederum war am Mittwochabend zahlreich erschienen, denn am Theater Thikwa wurde nicht nur ein neues Stück erstmalig gezeigt – auch die neuen Räumlichkeiten waren nach aufwendigem Umbau zum ersten Mal für den Spielbetrieb bereit. Eingeweiht wurden sie mit der ersten Theater-Regiearbeit der preisgekrönten Filmemacherin Elfi Mikesch.

In dem vielschichtigen Stück »Brennendes Pferd« werden Fragmente aus dem Leben des Tänzers und Choreografen Waslaw Nijinski aufgegriffen und in sechzehn Bildern dargestellt. Inspiriert wurde die Filmregisseurin, Kamerafrau und Autorin Mikesch von den Tagebüchern, die Nijinski 1919 im Alter von knapp 30 Jahren schrieb. »Ich las dieses ergreifenden Aufzeichnungen und dachte sofort an das Theater Thikwa mit seinem Ensemble behinderter und nicht behinderter Schauspieler«, so Mikesch. Wochenlang hat sich die Truppe mit der Biografie des Tänzers befasst, hat Partituren, Bewegungsabläufe, Bühne und Kostüme entworfen. Entstanden ist ein Stück, in dem Petruschka, Figur aus dem gleichnamigen Ballett, das Nijinski mit Vorliebe tanzte, im Mittelpunkt steht. Ort ist ein Hotel und der Herr am Empfang zitiert Texte aus dem Tagebuch, die eine von Schizophrenie gezeichnete Persönlichkeit zeigen. Ein Clown und seine Truppe geben Possen über Aufstieg und Fall, Liebe, Eifersucht und Tod.

Im Bühnenbild von Isolde Wittke mit den schwarz-weißen halbrunden Drehwänden wird gesprochen, getanzt, gesungen, geschrien, geflüstert, musiziert, geschwommen, geliebt, gestorben. Die Darsteller spielen zwar ihre Rollen in den Kostümen von Gerlinde Altenmüller – doch scheinen sie, dabei sie selbst zu bleiben. Die Thikwa-Schauspieler, so Elfi Mikesch, »haben eine direkte und existenzielle Nähe zu Details«. Schon der Anklang eines musikalischen Motivs (Komposition: Vincent Martinez, Andreas Wolter) reiche ihnen, um sich gekonnt in dem Stück zu bewegen.

Die bei der Eröffnung des neuen F40 im August geäußerte Hoffnung, die Berliner mögen die gemeinsame Spielstätte des English Theatre Berlin und des Theater Thikwa annehmen, hat sich zumindest zur Premiere erfüllt. Die umgebaute Halle ist Deutschlands erstes Theater, das sowohl für Zuschauer als auch für Akteure barrierefrei ist. Dennoch hat Martin Marquard, Berliner Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen, noch einen Wunsch: Es soll auch ein Theater für hörbehinderte Menschen werden. Um die technischen Voraussetzungen zu schaffen, suche man noch Sponsoren.

Bis 7.9. und 10.-14.9., 20 Uhr, Fidicinstr. 40, Kreuzberg, Tel.: 691 12 11, www.thikwa.de

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