Letzter oder Zweiter im Vergleich

Wirtschaftssenator Harald Wolf zu Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt

  • Karin Nölte
  • Lesedauer: 2 Min.

»Berlin hat die rote Laterne« – diese schlechte Nachricht des jüngsten Arbeitsmarktberichtes ereilte Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) im Urlaub. Wieder zurück, stellte er klar: Die wirtschaftliche Entwicklung Berlins bilde sich nicht in Statistiken und Länderrankings ab. Im August gab es in der Stadt 32 500 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mehr als ein Jahr zuvor, die Arbeitslosenquote sank von 15,6 auf 13,8 Prozent, das sind rund 30 000 weniger Arbeitslose.

Dennoch rutschten die Berliner Raten hinter die von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt zurück. Wolf führte das auf »saisonale Effekte« zurück. Durch den späteren Ferienbeginn in den beiden Flächenländern kämen deren zugleich höhere Schülerzahlen erst einen Monat später in die Statistik, sagte Wolf gestern bei einem Pressegespräch. Überdurchschnittlich sei der Zuwachs der Erwerbstätigen, mit 2 Prozent (bundesweit 1,8 %) belege Berlin im Ländervergleich sogar den zweiten Rang.

Wie Statistiken auch zu interpretieren sind, belegte der Senator an den Zahlen der Brandenburger, die in Berlin arbeiten. Im Jahr 2000 waren es im Saldo 77 000 Pendler, im Jahr 2007 schon 102 000. Die Statistik habe nun mal Berlin, nicht die regionale Verflechtung im Auge. Auch der Zuzug von Unternehmen hat Berlin mehr Beschäftigung gebracht. Den Senator freut zwar die Stärkung der Wirtschaftskraft, doch einen Großteil ihrer Arbeitskräfte brächten die Umzügler mit, dem Abbau Berliner Arbeitslosigkeit dienten die Neuansiedlungen minimal.

Und dann die demografische Entwicklung, die punktuelle Statistiken nicht widergeben können. Ostdeutsche Flächenländer machten eine »passive Sanierung« durch, führte Wolf einen Wissenschaftsbegriff an: Abwanderung, weniger Geburten, dadurch weniger Erwerbsfähige – das treffe alles nicht auf Berlin zu.

Beim Abbau von Arbeitsplätzen ist auch das Land Berlin in Verantwortung. Im Jahr 2010 werde die dann bald 20 Jahre zu verzeichnende Überausstattung Berlins mit Personal im öffentlichen Dienst abgebaut sein, gibt Wolf Berechnungen des Senats wider. Das sei die Grenze, ein weiterer Abbau würde beim Verwalten Probleme bereiten. Damit widerspricht der LINKEN-Senator dem SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin, der das Ziel bei rund 93 000 Stellen sieht und dies so in seiner mittelfristigen Finanzplanung darstellt. Immerhin macht das rund 400 Millionen Euro mehr oder weniger im Jahres-etat aus.

Zu den Gewerkschaftsforderungen im öffentlichen Dienst nach Tariferhöhungen sagte Wolf, nach 2010 müsse eine Perspektive gefunden werden, wie Berlin zu einem Tarifvertrag und stufenweiser Anhebung an Bundesniveau kommt. Eine Reallohnabsenkung um 20 Prozent in den letzten Jahren sei demotivierend für die Mitarbeiter. Inflationsausgleich und Angleichung müssten in den nächsten Jahren drin sein. Ein Verhandlungsfahrplan sei jetzt nötig, vieles hänge von der Einkommensentwicklung Berlins 2009 ab.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal