Klingende Offenbarung
Salvatore Sciarrinos »Infinito Nero« in der Berliner Elisabethkirche
Drei Geräusche geistern durch den Raum. Es tropft. Dann zischt es kurz. (Flöte, Oboe, Klarinette: Klappengeräusche, Wispern durch das Mundstück). Ganz leise. Gefühlte Minutendezennien im untersten Dynamikbereich. Dann ein Herzschlag. (Große Trommel, quasi doppelt gedämpft). Ein dumpfer Laut der Straße oder unterbewusstes Mäandern? Eine gehetzte, erst unverständliche Wortsalve – so kurz wie die Geräusche zuvor – entlädt die Spannung. (Sopran). Bald sind aufblitzende Wortfetzen wahrnehmbar, Bruchteile einer Sekunde lang. Religiöses. Von der Pein der Dornenkrone. Vom Bluten. Von Körperöffnungen, die »unergründlich tropfen«.
Die Stille des Beginns war nur das geballte Warten auf eine ekstatische Sprachzuckung. Eine verrückte Nonne mit Tourette? Oder »nur« Neue Musik? Die Stille, mit der komponierende Zeitgenossen seit Jahrzehnten (mal mehr, mal weniger hörpsychologisch klug) spielen, halten Konzertbesucher eigentlich nie aus. Fa...
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