Sorgenfalten vor dem Ostderby

HC Leipzig empfängt Thüringer HC zum Auftakt der Handball-Bundesliga der Frauen

  • Christian Heinig
  • Lesedauer: 4 Min.

Eigentlich hätte Dago Leukefeld dieser Tage allen Grund zur Freude. Der Coach der Handballfrauen von Bundesligist Thüringer HC gilt als heißester Anwärter auf den Posten des polnischen Nationaltrainers. Die Entscheidung des Verbandes folgt am 12. September. Sollte der ehemalige Bundestrainer den Zuschlag erhalten, so hat er bereits angekündigt, werde er weiter das Zepter beim THC schwingen, den er seit 2004 betreut.

Schöne Aussichten sind das, möchte man meinen. Aber Leukefeld hat derzeit keine Muße, sich an derlei Schmeicheleien seine Person betreffend zu ergötzen. Den 45-Jährigen plagen gleich mehrere Sorgen vor dem Bundesligaauftakt am Sonntag im Ostderby beim HC Leipzig. Für die Partie »in der Höhle des Löwen«, wie er die Festung des Pokalsiegers nennt, hat der Trainer nur ein Rumpfteam beisammen. Gleich mehrere Leistungsträgerinnen sind verletzt oder zumindest angeschlagen. »Wir fahren als krasser Außenseiter nach Leipzig«, sagt Leukefeld.

Aber damit nicht genug. Anfang der Woche schlug der Blitz ein: Einer der Hauptsponsoren, die Stadtwerke Bad Langensalza, zog sich überraschend zurück. Dadurch fehlen im Etat, der auf 850 000 Euro beziffert wird, urplötzlich stattliche 130 000 Euro.

»Das ist ein enormer Rückschlag«, klagt der THC-Trainer. »Wir müssen jetzt alle die Ärmel hochkrempeln und mit unseren Partnern Synergien finden.« Die Aufsichtsratsitzung gestern Abend sollte erste Wege aus dem finanziellen Engpass beraten. Leukefeld hofft zudem auf Unterstützung aus der Thüringer Wirtschaft und der gesamten Region.

Sportlich wiegt besonders der Ausfall von Nationalspielerin Nadine Härdter schwer. Die 27-jährige Linksaußenspielerin hatte sich bei Olympia in Peking einen Muskelfaserriss im rechten Ellenbogen zugezogen und wird erst Mitte Oktober wieder eingreifen können. Bis dahin müssen die Erfurter, die vergangene Saison Rang fünf belegten, auch auf Rückraumspielerin Julia Jurack verzichten. »Das werden schwierige erste Wochen für uns«, prognostiziert der THC-Trainer.

Auch die Verantwortlichen bei Vizemeister HC Leipzig erwarten zu Saisonbeginn keine Wunderdinge. Zu kurz fiel die gemeinsame Vorbereitungszeit nach Olympia und der Juniorinnen-WM aus, bei denen fünf Spielerinnen des HCL aktiv waren. »Wir müssen zunächst auf unsere individuelle Klasse vertrauen«, sagt Manager Kay-Sven Hähner.

Nach dem Abgang der Leipziger Handballlegenden Ingrida Radzeviciute und Else Marthe Sørlie Lybekk bricht beim HCL eine neue Ära an. Mit 23,8 Jahren stellen die Leipzigerinnen die drittjüngste Bundesligamannschaft. Zudem muss der neue Trainer Heine Jansen, der seinen dänischen Landsmann Morten Arvidsson beerbt, gleich sechs zum Teil namhafte Zugänge integrieren.

»Der sportliche Anspruch ist bei uns natürlich trotzdem, wie jedes Jahr, ganz oben mitzuspielen. Am Ende müssen wir vorn stehen, nicht am Anfang«, betont Hähner.

Im Titelrennen erwartet der HCL-Manager einen Dreikampf mit Meister Nürnberg und Leverkusen. Ziel sind die Qualifikation für die Play-offs (Plätze eins bis vier) und die Pokalendrunde in Riesa

In Fachkreisen gelten die Leipziger als Topfavorit auf das Double. Aber Hähner wiegelt ab: »Die Liga ist enger zusammengerückt. Auch Teams wie Frankfurt (Oder) und Trier sind gut aufgestellt.«

Finanziell stehen die Leipziger mit geschätzten 1,3 Millionen Euro auf soliden Beinen. Aber Hähner weiß um die Probleme der Erfurter: »Jeder Verein muss stets um jeden Cent hart kämpfen.«


Handball-Bundesliga der Frauen

1. Spieltag
Göppingen (N) - 1. FC Nürnberg n.Red

Dortmund (N) - Bayer Leverkusen Sa.

DJK/MJC Trier - Rhein-Main Bienen Sa.

VfL Oldenburg - Buxtehuder SV So.

HC Leipzig - Thüringer HC So.

Frankfurt/Oder - Blomberg-Lippe So.

N = Neuling.


Modus
Die ersten Vier der Hauptrunde ermittlen nach Play-off-Modus den Meister. Sowohl im Halbfinale (1.-4./2.-3.) als auch im Finale werden jeweils Hin- und Rückspiel ausgetragen. Die Vorrundenplätze 5 bis 10 kämpfen ebenfalls nach Play-off-Modus um den fünften Platz. Die beiden Tabellenletzten steigen ab.

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