Mouseclicks gegen den Hunger

Das UNO-Computerspiel »Food Force« hat fünf Millionen Fans

  • Art Kohr
  • Lesedauer: 3 Min.
Unterwegs zu guten Taten: Die Protagonisten des Spiels
Unterwegs zu guten Taten: Die Protagonisten des Spiels

Per Hubschrauber über eine Insel, die unter einer Dürrekatastrophe leidet. Anschließend Hilfsgüter aus der offenen Ladeluke einer Transportmaschine abwerfen: Wer Action liebt und von der Webseite www.food-force.com das kostenlose Computerspiel runterlädt, wird nicht enttäuscht. Und das, obwohl »Food Force« ganz ohne Ballerei auskommt. Vielmehr sollen die Spieler »anderen Menschen helfen und sie nicht aus dem Weg räumen« , sagt Ralf Südhoff (39), Chef des Berliner Büros vom »United Nations World Food Programme« (WFP) im ND-Gespräch.

Das 1963 gegründete Hilfswerk der Vereinten Nationen versorgt 90 Millionen Bedürftige, zwei Drittel davon sind Heranwachsende. Deswegen hat die UNO-Organisation speziell für 8- bis 13-Jährige von einem Studio in Italien die interaktive Simulation »Food Force« entwickeln lassen, obwohl »der Hunger in der Welt eigentlich kein kindgerechtes Thema ist«, wie WFP-Sprecher Ralf Südhoff meint.

Das Ziel: Jugendliche in den reichen Zonen unseres Planeten »dafür zu sensibilisieren«, unter welchen Bedingungen viele Gleichaltrige auf anderen Kontinenten täglich ums Überleben kämpfen. Dieses pädagogische Anliegen hat WFP in ein Computerlernspiel verpackt, weil man »die Kids auf eine Art und Weise abholen will, die sie verstehen« und mit der sie täglich umgehen, wie Südhoff sagt.

»Food Force«, das neben Englisch auch in Deutsch und einer Reihe weiterer Sprachen wie Französisch und Chinesisch erhältlich ist, besteht aus sechs Missionen, von der Luftaufklärung bis zum Projekt Agrarhilfe. Die Spieler werden von Aufgabe zu Aufgabe geführt von einem Avatar namens »Carlos Sanchez«, der im virtuellen Paralleluniversum Schnurrbart trägt und ein Sondereinsatzteam der WFP leitet. Deutsche Synchronstimme von Carlos Sanchez ist der Schweizer DJ BoBo; der Star des Eurodance («Somebody Dance With Me«, »Pray«), bürgerlicher Name: Peter René Baumann, nahm den Nebenjob sofort begeistert an, als ihn die UNO um seine Unterstützung bat.

Die »Food Force«-Kandidaten sammeln Punkte dafür, wie schnell und präzise sie die jeweils anfallenden konkreten Probleme lösen und bewegen sich entsprechend von Level zu Level. Die erreichten Ergebnisse werden ins Netz gestellt, inoffizieller »Food Force«-Champ ist momentan ein Deutscher. Kurze Einspielclips informieren über die real geleistete Arbeit des WFP. In Chatrooms treffen und vernetzen sich Spielteilnehmer, die später vielleicht als Freiwillige zur UNO gehen wollen. Fünf Millionen Fans haben »Food Force« inzwischen auf ihren Rechnern installiert und zum weltweit erfolgreichsten Computerlernspiel gemacht. So dass die Vereinten Nationen schon ein Nachfolgeprojekt gestartet haben: Wer sich unter www.freerice.com in ein Onlinequiz einloggt, stockt pro richtig beantworteter Frage die Hungerhilfe um jeweils zusätzliche 20 Körner Reis auf. Aktueller Stand: 43 Milliarden.

Ganz nebenbei widerlegen »Food Force« und »Freerice« ein von manchen Massenmedien genüsslich gepflegtes Vorurteil: Das Universum der Pixel ist nicht per se böse, entscheidend ist vielmehr, wer es wie nutzt. »Interaktive Medien«, bilanziert WFP-Mann Ralf Südhoff, »haben ein viel größeres Potenzial als bloß kontaktgestörte Jungs zu begeistern, die nachts in dunklen Räumen vor ihren Bildschirmen hocken«.

»Food Force« kostenlos herunterladen von: www.food-force.com; Quizfragen online richtig beantworten und Reis spenden: www.freerice.com

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