nd-aktuell.de / 13.09.2008 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Bahn zog Notbremse und pfiff Zuschlag ab

Verbände warnen vor weiterem Personalabbau

Nach heftigen Protesten musste die Deutsche Bahn auf den vor zwei Wochen angekündigten Bedienzuschlag verzichten. Bundesregierung und Verbände begrüßten die Rücknahme der Bahn-Pläne. Die Gewerkschaft Transnet und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) forderten, die Bahn dürfe nicht noch mehr Reisezentren schließen.

Berlin/München (AFP/ND). Kunden der Deutschen Bahn müssen beim Fahrkartenkauf am Schalter und per Telefon künftig doch keinen Service-Aufschlag zahlen. Eigentlich sollte die Gebühr von 2,50 Euro ab Dezember jedes Mal anfallen, wenn Kunden die Karte nicht am Automaten oder im Internet, sondern beim Bahn-Personal kaufen. Die Kritik an der geplanten Servicegebühr hatte sich zusätzlich verschärft, als sich herausstellte, dass der Zuschlag nicht pro Fahrkarte, sondern pro Fahrtrichtung fällig sein sollte. Eine Hin- und Rückfahrt hätte damit bei Kauf am Schalter oder per Telefon fünf Euro mehr gekostet als beim Kauf am Automaten oder im Internet.

Bahn-Aufsichtsrats-Mitglied Georg Brunnhuber (CDU) sagte im Bayerischen Rundfunk, die Pläne für den Bedienzuschlag seien zuletzt »nicht mehr zu halten« gewesen. Der Aufsichtsrat der Bahn sei bei seiner Sitzung am Mittwoch mit Blick auf die Gebühr bereits »sehr skeptisch« gewesen.

Die Bundesregierung begrüßte den Verzicht auf den Zuschlag: Die Deutsche Bahn reagiere mit der Rücknahme des Zuschlags auf die in den vergangenen Wochen geäußerte Kritik der Bundesregierung und auf die Wünsche der Kunden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärte, der Vorstand der Bahn sei »zur Vernunft gekommen«. Seine intensiven Gespräche mit Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hätten dazu geführt, dass der Bedienzuschlag nun »endgültig vom Tisch« sei.

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte mit Blick auf die ursprünglichen Pläne der Bahn, Konzernchef Mehdorn habe »überhaupt kein Gespür mehr für die Bedürfnisse der Fahrgäste«. »Er denkt nur an potenzielle Aktionäre«, sagte Verbandssprecher Hartmut Buyken im n-tv. Der VCD äußerte die Befürchtung, die Bahn werde nun versuchen, weiter Kosten zu senken. Dies bedeute weiteren Personalabbau bis hin zum Schließen kompletter Schalter an kleineren Bahnhöfen. Seit 2003 habe die Bahn die Zahl der Reisezentren schon von 1100 auf 700 reduziert. Transnet-Vorstand Karl-Heinz Zimmermann verlangte eine Garantie für die Reisezentren, deren Schalter, die Öffnungszeiten und das Personal.

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