Biomasse – Chancen und Grenzen

Bei Umweltschützern bleibt die Nutzung als Energiequelle umstritten

  • Günter Queißer
  • Lesedauer: 2 Min.
Dem Thema »Biomasseanbau und Biodiversität« widmete sich in der vergangenen Woche eine Konferenz im Potsdamer Haus der Natur.

Mit Recht sind die Brandenburger Stolz auf ihre reiche Naturlandschaft, die sie auch in ihrer Artenvielfalt erhalten und vielleicht noch verbessern möchten. Dem steht der zunehmende intensive Anbau von Biomasse zur Energieerzeugung gegenüber. Die Ackerfläche für nachwachsende Rohstoffe hat sich seit 2001 auf das Vierfache erhöht. Der Nachteil für den Naturhaushalt: Brachen verschwinden, riesige Monokulturen treten an ihre Stelle. Zugleich bietet der Biomasseanbau Chancen. Erneuerbare Energie kann erzeugt, Treibhausgase können reduziert werden.

Nun handelt es sich bei der veränderten Landnutzung nicht um eine rein Brandenburger Erscheinung, sondern um einen globalen Trend. Der Verlust an biologischer Diversität gehört zu den fundamentalen Umweltproblemen unserer Zeit. Biologische Vielfalt ist seit dem Übereinkommen von Rio 1992 zu einem zentralen Begriff geworden. Dabei wird er oft fälschlicherweise auf Artenvielfalt reduziert. Tatsächlich aber meint dieser Begriff die Gesamtheit der Ökosysteme, die genetische Vielfalt und die Vielfalt an Lebensräumen, also alles Leben, wie es sich in über vier Milliarden Jahren entwickelt hat. Letztlich hängt davon das Wohl des Menschen und sein Überleben ab.

Man war sich auf der Potsdamer Tagung einig, dass dringend Kriterien für einen naturverträglichen Anbau von Biomasse und eine entsprechende Kontrolle anzumahnen sind. Eine Nachhaltigkeitsverordnung dafür liege in Brüssel zur Beratung vor, bei der es auch um nachhaltige Bewirtschaftung, um Schutz der natürlichen Lebensräume und um CO2-Minderung gehe. Als Vertreter der Umweltverbände sieht Axel Kruschat vom Brandenburger Bund für Umwelt und Naturschutz den Biomasseanbau durchaus als Chance, die es allerdings mit Umsicht zu nutzen gilt. Er verbindet dies mit Forderungen, Grünlandverluste zu vermeiden, Pflanzenschutzmittel zu verbieten, die Bienen gefährden, ein Artensterben zu stoppen, zu enge Fruchtfolgen bei Mais und Raps zu verhindern.

Einige Tagungsteilnehmer stellten allerdings in Frage, ob Biomassenutzung für energetische Zwecke in Brandenburg eine Option sei. Man solle sich lieber auf Nahrungsmittelproduktion orientieren, Großschutzgebiete und Ökosysteme sichern, auf Energieeffizienz setzen und Fragen des Lebensstils einbeziehen.

Auf der Tagung war man sich über einig, aber auch etwas ratlos darüber, wie diese sich umsetzen lassen könnten. Unter den Teilnehmern gab es etliche Zweifler, obwohl Politik und Wirtschaft entsprechende Veränderungen einleiten. Die Grenzen des Wachstums, seit über drei Jahrzehnten im Gespräch, würden kaum akzeptiert und Erfolge nach wie vor ausschließlich an Wachstumszahlen gemessen. Es sind kaum überzeugende Ansätze für Veränderungen erkennbar. Einer der Referenten präzisierte die Redewendung von der Quadratur des Kreises, er sprach von »Verkugelung des Würfels«. Ein wenig erfreulicher Ausblick.

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