Das Bauwesen wird industrialisiert

Friedrich Eduard Hoffmann und sein Ringofen zum Brennen von Ziegeln

  • Maria Curter
  • Lesedauer: 3 Min.

Mitte des 19. Jahrhunderts war Berlin schon zum Standort des industriellen Maschinenbaus geworden und die Elektrotechnik begann sich zu entwickeln. Seit 1800 hatte sich die Bevölkerung fast vervierfacht. Sowohl das Wachstum der industriellen Fertigungsstätten als auch die vielfältigen höheren Bildungseinrichtung wie Bauakademie (1799), Universität (1810), die Königliche Artillerieschule (1816) oder die Technische Schule (1821) bzw. ab 1827 das Gewerbeinstitut zogen junge Leute aus ganz Preußen an.

So nimmt es nicht Wunder, dass ein Patent, welches Baurat Friedrich Eduard Hoffmann und Albert Licht, Stadtbaurat von Danzig, am 27. Mai 1858 für fünf Jahre erhielten, sich schnell durchsetzte: der »ringförmige Ofen zum unausgesetzten Betriebe beim Brennen von Ziegeln und anderen Gegenständen«. 1859 ging der erste Ofen in Scholwin bei Stettin in Betrieb. Zweimal wurde das Patent, das auch für Österreich galt, verlängert und erreichte die höchstmögliche Laufzeit von 15 Jahren. Bis 1873 entstanden weltweit etwa 1000 Brennöfen.

Der Ringofen – oval oder kreisförmig – besteht aus 14 bis 20 Kammern, die mit den rohen Ziegeln beschickt und unabhängig voneinander befeuert werden. Nach erfolgtem Brennen in der einen Kammer, wird die benachbarte befeuert. Die heißen Gase der ersten werden genutzt, um die Rohlinge in der nächsten Kammer vorzuwärmen. Innerhalb von ein bis zwei Wochen wandert das Feuer einmal um das Rund. Die Einführung dieses Ofens ermöglichte den Übergang vom handwerklichen Kleinbetrieb zur industriellen Fertigung. Neben der Einsparung von einem Drittel des Brennmaterials bestanden die Vorteile im kontinuierlichen Brand Tag und Nacht, in der gleich bleibenden Qualität der Ziegelsteine sowie der verminderten Rauchbelästigung.

Friedrich Hoffmann, am 18. Oktober 1818 in Gröningen bei Halberstadt als Sohn eines Lehrers geboren, absolvierte nach dem Besuch des heimatlichen Gymnasiums eine Lehre im Baufach bei seinem älteren Bruder in Posen. An eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter beim Eisenbahnbau in Westfalen schlossen sich zwei Jahre Studium an der Königlichen Bauschule in Berlin an, die er als Baumeister verließ. Zwischen 1845 und 1857 war er an der Errichtung der Eisenbahnlinie Berlin–Hamburg beteiligt. Danach befasste er sich praktisch und theoretisch mit der Ziegelei. 1865 gründete er den »Deutschen Verein für die Fabrikation von Ziegeln, Tonwaren, Kalk und Zement«, ab 1868 gab er die »Deutsche Töpfer- und Ziegler-Zeitung« heraus und schuf ein chemisches Laboratorium für keramische Untersuchungen, das sich in der Kesselstraße 7 (heute Habersaathstraße, Mitte) befand.

Damit versuchte er wissenschaftliche und praktische Fragen der Keramik zu klären. Er veranlasste die Gründung der Königlichen Prüfungsanstalt für Baumaterialien 1870 (Vorläufer des Bundesamtes für Materialprüfung) und initiierte die Ziegelei-Berufsgenossenschaft für alle Ziegeleien und baukeramischen Fabriken des Deutschen Reiches, die 1885 entstand. Ferner bewirkte er die Normierung der Mauerziegel mit dem Maß von 25 x 12 x 6,5 cm. Bis dahin gab es kein einheitliches Ziegelformat. Auch als Unternehmer war er erfolgreich. Er besaß u. a. die Kronziegelei Bellin bei Ückermünde, das Gips- und Ziegelwerk Schwarzhütte bei Osterode (Harz). Gemeinsam mit Büsscher gründete und betrieb er die Fabriken für wasserdichte Baumaterialien in Eberswalde, Halle/Saale und Straßburg im Elsass. Außerdem unterhielt er ein Ingenieurbüro in Berlin, das für die Ton- und Kalkindustrie tätig war.

»In der sechsten Morgenstunde« des 3. Dezember 1900 »starb in Berlin der als Nestor der Ziegelindustrie und Erfinder des Ringofens in weitesten Kreisen bekannte Königliche Baurath Friedrich Eduard Hoffmann nach kurzem Krankenlager im 83. Lebensjahre«, schrieb das »Centralblatt der Bauverwaltung« am 8. Dezember 1900.

Seine auffällige Grabstätte, bestehend aus verschieden farbigen glasierten Ziegeln aus dem eigenen Betrieb, befindet sich auf dem Dorotheenstädtisch-Friedrichswerderschen Friedhof I in der Chausseestraße 126. Seine Ringöfen sind in der Umgebung Berlins noch zu sehen – nördlich in Mildenberg bei Zehdenick ein ovaler, südwestlich in Glindow bei Werder ein runder Ofen.

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