Frauen in Indien

Dokfilm Shortcut to Justice von Daniel Burkholz und Sybille Fezer

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Bilder hat man schon mal gesehen, doch die Geschichte dazu ist noch unbekannt. Menschen, denen man ansieht, wie bettelarm sie sind, lächeln trotzdem in die Kamera. Ihre Häuser, nein, Hütten, sind vom Monsun gezeichnet, ihre Wäsche waschen sie per Hand im Fluss. Das ist das übliche Bild der Armenviertel in indischen Städten, ohne das auch der Dokumentarfilm »Shortcut to Justice« nicht auskommt. Doch genau hier hat sich eine Plattform für soziales Empowerment gebildet, die Schule in der ganzen Welt machen könnte. Von ihr berichtet der Film von Daniel Burkholz und Sybille Fezer, der derzeit erfolgreich auf Filmfestivals läuft.

Es ist die Machtlosigkeit, die indische Frauen zusammengetrieben hat – nicht zu Demonstrationen, die vom Patriarchat ignoriert werden können, sondern zu kleinen Gerichten, die Streitfälle in Familien und Ehen zwischen Männern und Frauen fair zu lösen versuchen. Fair, das heißt, ohne die übliche Benachteiligung der Frau. Da sitzen also 20 Frauen im Freien und diskutieren den Fall einer misshandelten Ehefrau. Der Mann versucht sich mit Verweis auf Traditionen zu verteidigen, doch am Ende muss er zahlen. Oder rücken da zehn Frauen im Gefolge einer Witwe an, um ihre Mitgift von der Familie des Gatten zurückzuholen. Die wehrt sich, doch muss die geballte Frauenpower schließlich gewähren lassen. So einfach geht das.

Auf Diskussionsforen wird Burkholz nun vorgeworfen, ein zu positives Bild dieser Frauengerichte darzustellen. Längst nicht alle, wenn auch mehr als die Hälfte, dieser Fälle kommen zu einem vollstreckten Urteil. Doch Burkholz und Fezer wollten in diesem Punkt keinen objektiven Film drehen.

Der Film bleibt auch zu kurz, wenn es um die Nachhaltigkeit dieser Problemlösung geht. Der Zuschauer muss darauf vertrauen, dass die gezeigten Urteile auch dauerhaft eingehalten werden, dass etwa der Bruder eines Ehemanns wirklich in Zukunft darauf achten wird, dass er seine Frau nicht mehr schlagen wird – nicht jeder Fall endet in einer Scheidung. Auch die Behauptung, die Verbindungen mit der Polizei seien gut und dadurch werde der Druck von den Frauen auf die Männer verlagert, bleibt unbewiesen.

Burkholz und Fezer hatten diesen Film nicht als NGO-Werbefilm gedreht, eigentlich hatten sie gar nicht vor, ihn überhaupt zu drehen. Erst der Ausfall eines anderen Projekts in der Region führte dazu, dass sie sich mit dem Thema befassten. Nun wollen die Vereinten Nationen »Shortcut to Justice« im März 2009 sogar in Genf und New York vorführen. Außerdem wird er in den nächsten Monaten in Guatemala, Liberia, Ost-Timor, Indien und Pakistan gezeigt. »Damit ist der Film dann bereits einmal um die Welt gereist«, sagt Burkholz stolz. Und so ein bisschen hofft er darauf, dass ihr Werk auch in Deutschland Spuren hinterlässt. Es sei immerhin ein Beispiel dafür, wie sich Leute zusammenschließen und Lösungen finden, wenn die staatlichen Strukturen nicht mehr funktionieren.

Demnächst auf der »Halbtotalen« in Münster (26.10.) und dem internationalen Filmfestival »Frauenwelten« in Tübingen (1.11.). Ab Dezember in Programmkinos.

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