Eine Straße als Einzugsgeschenk

Landwirtschaftsministerium wird erweitert, Französische Straße verlängert

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Richtfest im Innenhof.
Richtfest im Innenhof.

Horst Seehofer erschien nicht, der Bundesminister für Landwirtschaft und Verbraucherschutz war wegen der Turbulenzen seiner CSU in München unabkömmlich. Das Richtfest für die Erweiterung seines Berliner Dienstsitzes musste also ohne ihn stattfinden, ohnehin wird Seehofer den Chefsessel hier nicht mehr lange einnehmen.

Sein Nachfolger an der Wilhelmstraße 54 wird es jedenfalls moderner und großzügiger haben. Bis zum Herbst nächsten Jahres soll der sechsgeschossige Neubau an der Ecke Französische Straße fertig sein, der an das denkmalgeschützte Hauptgebäude in der Wilhelmstraße angrenzt. Seine besondere Note erhält der 100 Meter lange Bau parallel zur Französischen Straße durch seine leicht gewellte Fassade, was den Präsidenten des Bundesbauamtes, Florian Mausbach, von einem »Haus mit Hüftschwung« sprechen ließ. Im Inneren sorgt ein Atrium über alle sechs Etagen für Tageslicht auf den Fluren. Der Neubau wird mit Naturstein verkleidet und soll höchsten ökologischen Ansprüchen genügen: Die Innenwände werden mit Lehm verputzt, das Dach mit Flachs gedämmt.

Zusätzlich erhält das Ministerium neue Räume in den Gebäuden auf seiner Rückseite, die gegenwärtig saniert werden. Bis 2005 hatte in ihnen die Musikhochschule Hanns Eisler ihren Sitz.

Insgesamt werden 42,3 Millionen Euro in die Erweiterungsbauten, die nach Plänen des Architekten Claus Anderhalten entstehen, investiert. Sie war nötig geworden, um die 240 Berliner Mitarbeiter des Ministeriums an einem Standort zu konzentrieren. 166 sind derzeit noch in einem Gebäude an der Mauerstraße untergebracht. Nach Ende der Bauarbeiten soll in Berlin auch das bisher in Bonn angesiedelte Krisenzentrum des Verbraucherschutzministeriums für Seuchen wie Vogelgrippe und Lebensmittelskandale einziehen. In Bonn hat das Ministerium derzeit noch über 1000 Mitarbeiter.

Wenn es im nächsten Herbst seine neuen Räume in Berlin bezieht, soll auch die Französische Straße vor seiner Haustür fertig sein. Die endet bisher noch an der Mauerstraße, bis zur Wilhelmstraße fehlen noch gut 100 Meter. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher wollte gestern beim Richtfest lieber »nicht viel« zur Verlängerung sagen, stößt diese doch besonders bei der Linkspartei auf Vorbehalte. Auch das Abgeordnetenhaus wollte den Durchstich ursprünglich erst dann haben, wenn die Straßenbahn durch die Leipziger Straße fährt. Die Bauverwaltung ist aber entschlossen, im nächsten Frühjahr mit dem Straßenbau zu beginnen, quasi als Einzugsgeschenk für das Ministerium.

Dessen Hauptgebäude in der Wilhelmstraße 54 hat eine bewegte Geschichte. 1898/99 errichtet, war es bis 1918 Sitz des Geheimen Zivilkabinetts von Kaiser Wilhelm II. In der Weimarer Republik diente es dem preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun als Amts- und Wohnsitz, 1932/33 hatte hier Konrad Adenauer als Präsident des Preußischen Staatsrates eine Dienstwohnung. Während der Nazizeit wurden die Räume u.a. von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß genutzt. In der DDR diente das Haus zunächst als Studentenwohnheim, von 1970 bis 1990 hatte hier der Staatsverlag seinen Sitz.

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