nd-aktuell.de / 25.10.2008 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Krise hat Europa im Griff

Alle DAX-Werte sanken / Ausschüsse des Banken-Rettungsfonds komplett

Während die Börsen weltweit erneut einen Tag der Kursstürze erlebten, nahmen in Berlin die Gremien des Rettungsfonds für die deutschen Banken ihre Arbeit auf.

Berlin/Frankfurt am Main (dpa/ AFP/ND). Wie das Bundesfinanzministerium bestätigte, haben Lenkungs- und Leitungsausschuss des Banken-Rettungsfonds am Freitag in Berlin ihre Tätigkeit aufgenommen. Zuletzt war noch der Posten des Ländervertreters im fünfköpfigen Lenkungsausschuss offen. Nach mehrtägigen Beratungen entsandten die Länder den früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU). Das teilte Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) am Freitag nach Abschluss der Ministerpräsidentenkonferenz in Dresden mit.

Es habe Einigkeit darüber bestanden, keinen Banker und keinen aktiven Politiker für das Gremium auszuwählen, erläuterte Tillich. Es sei um einen Kandidaten gegangen, der sich sowohl »als Vertreter der Länderinteressen auszeichnet als auch über wirtschaftspolitischen und finanzpolitischen Sachverstand verfügt«. Der 78 Jahre alte Biedenkopf war von 1990 bis Frühjahr 2002 Ministerpräsident in Sachsen. Grundsätzlich entscheidet das Bundesfinanzministerium über Hilfen für angeschlagene Banken. Um die Aktivitäten zu konzentrieren und andere Ministerien einzubinden, die mit dem Paket befasst sein könnten, wurde der Lenkungsausschuss eingerichtet.

Die Bundesregierung stellt vier, die Länder stellen einen Vertreter im Ausschuss. Neben Biedenkopf gehören dem Gremium nun seitens der Bundesregierung die Staatssekretäre Lutz Diwell (Justiz), Axel Nawrath (Finanzen) und Walther Otremba (Wirtschaft) sowie Jens Weidmann, Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel, an. Der Lenkungsausschuss ist gegenüber dem Leitungsausschuss der Finanzmarktstabilisierungsanstalt weisungsbefugt. Diese Anstalt ist für das operative Geschäft des Hilfspakets zuständig und bei der Bundesbank angesiedelt. Dem Leitungsausschuss steht Günther Merl vor, früherer Vorstandschef der Landesbank Hessen-Thüringen.

Die weltweite Finanzkrise reißt die Börsen immer tiefer ins Minus. Der Deutsche Aktienindex (DAX) fiel am Freitag zwischenzeitlich um elf Prozent auf ein neues Jahrestief. Auch die Börsen in London, Paris und Tokio mussten schwere Verluste hinnehmen. Sowohl Finanzwerte als auch Industrietitel rutschten an der Frankfurter Börse stark in die Verlustzone. Dabei lagen alle 30 DAX-Werte im Minus.

Auch der Euro geriet erneut unter Druck und notierte zeitweise unter 1,25 Dollar. Führende Chefvolkswirte deutscher Banken sehen die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal in einer Rezession. »Viele wichtige Länder wie Deutschland und USA sind in der Rezession», sagte der Chefökonom der Dekabank, Ulrich Kater, der »Bild«-Zeitung. Im dritten Quartal 2008 sei die deutsche Wirtschaft um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Der Chefvolkswirt der Postbank, Marco Bargel, sprach von einer Wirtschaftskrise, die Europa erfasst habe. Seinen Berechnungen zufolge ist das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft.

Um den Einbruch des Erdölpreises zu bremsen, beschloss die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), ihre Fördermenge um 1,5 Millionen Barrel pro Tag zu kürzen. Die Verringerung soll ab November gelten.

Asien und Europa betonten zum Auftakt des ASEM-Gipfels ihren Willen zur Zusammenarbeit in der Finanzmarktkrise. Bundeskanzlerin Angela Merkel rief die asiatischen Schwellenländer zur Mitarbeit am Aufbau einer neuen Finanzordnung auf. »Die weltumspannenden Folgen der gegenwärtigen Finanzmarktkrise machen überdeutlich, dass wir diese Aufgabe nicht allein im Kreis der G-8 lösen können«, sagte Merkel beim siebten Asien-Europa-Treffen in Peking. Es sei deshalb »sehr wichtig«, dass am Weltfinanzgipfel neben den G-8-Staaten auch China und Indien teilnähmen.

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