Ministerpräsidenteneinigkeit

  • Rainer Braun
  • Lesedauer: 3 Min.
Unser Autor schreibt regelmäßig über Hintergründe der Fernsehlandschaft dieses Landes.
Medienkolumne: Ministerpräsidenteneinigkeit

Nach harzigen Verhandlungen über Monate haben sich nun die Ministerpräsidenten der Länder am letzten Donnerstag in Dresden auf die Änderungen zum 12. Rundfunkstaatsvertrag verständigt. Das ist auf den ersten Blick eine gute Nachricht, wird doch nun – vorbehaltlich der Zustimmung durch die Landesparlamente und der Zustimmung der EU-Kommission aus Brüssel – geregelt, was die öffentlich-rechtlichen Sender künftig in ihren grundsätzlich werbefreien Mediatheken anbieten dürfen und was nicht. Der Zeitplan sieht vor, dass die Länder-Chefs das Vertragswerk am 18. Dezember unterschreiben, das dann ab 1. Mai 2009 in Kraft treten soll. Diesen Termin hatte Brüssel vorgegeben, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk hierzulande seinen Programmauftrag im Internet konkretisiert. Im Gegenzug stellt die EU-Kommission jenes »Beihilfe-Verfahren« ein, das einst der Verband privater Rundfunk- und Telemedien-Veranstalter (VPRT) angestrengt hatte, da er auf dem deutschen Markt Wettbewerbsnachteile sah.

Mit der jetzigen Regelung können nach ersten Reaktionen fast alle Seiten leben. Die Zeitungsverleger sehen zwar nicht alle Erwartungen erfüllt, begrüßten aber, dass bei presseähnlichen Online-Angeboten von ARD und ZDF nun klare Grenzen gezogen wurden. Genau dies sieht zwar der ARD-Vorsitzende Fritz Raff nicht so, deutete aber indirekt an, dass auch die ARD mit dem jetzigen Vertragsentwurf leben kann – und wohl auch muss. Denn Raff konnte sich andererseits nicht mit der Forderung durchsetzen, dass auch die »A-Sportarten« (Olympische Spiele, Fußball-Weltmeisterschaften, Erste und Zweite Bundesliga) länger als 24 Stunden im Netz abrufbar bleiben. ARD und ZDF steht danach frei, diese Angebote zu marktüblichen Konditionen kommerziell im Internet zu verwerten, was für die Gebührenzahler nur ein schwacher Trost ist. Schließlich haben sie den teuren Erwerb von Sportrechten bereits finanziert und werden jetzt noch einmal zur Kasse gebeten.

Auch anderswo folgte die Politik der Groß-Koalitionäre in den Ländern ihrer eigenen Logik. Denn was künftig länger als sieben Tage in den Mediatheken stehen soll und darf, wird nicht von unabhängigen Sachverständigen, die diesen Namen auch verdienen – wie beim »Public Value Test« der BBC – entschieden, sondern hausintern in den Gremien. Rundfunk- und Fernsehräte führen jene »Drei-Stufen-Tests« durch, die wiederum den publizistischen Mehrwert, die Kosten und die Marktkonformität der Angebote in den Mediatheken prüfen sollen. Nicht von ungefähr wird der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in seiner Funktion als Koordinator für die Medienpolitik der Länder deshalb die Vertreter der Spitzenverbände von Zeitungen und privaten Rundfunkveranstaltern wie die Intendanten von ARD und ZDF zu einem Gesprächskreis einladen, um Konflikte und Kontroversen schon im Vorfeld abzuklären. Beck weiß offensichtlich, wie viel Zündstoff der jetzige Vertragsentwurf birgt, bei dem in der Praxis um die Begriffe »Sendungsbezogen«, oder »Unterhaltung mit öffentlich-rechtlichem Profil« heftig gerungen werden dürfte.

Die Praxis wird auch zeigen müssen, inwieweit der jetzige Kompromiss trägt. Fakt ist, dass sich Zeitungen und öffentlich-rechtliche Sender anhaltend schwer damit tun, jüngere Menschen für ihre Produkte zu interessieren. Fakt ist aber auch, dass viele die Entwicklungen im Internet verschlafen haben und die großen Suchmaschinen längst publizistisch tätig sind, obwohl sie selbst keine Inhalte generieren, sondern nur verwerten.

Entscheidend wird letztendlich das Verhalten der Nutzer sein, für die manche der neuen Regelungen ohnehin anachronistisch wirken (und es auch in der Tat sind). Viel zu technizistisch sind sie ohnehin.

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