Und E.ON edis kann einpacken...

In Feldheim gründeten Windpark, Agrargenossenschaft und Einwohner eine eigene Energiefirma

  • Andreas Wilhelm
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Windrad, so rechnet Projektentwickler Andreas Backofen vor, könnte 1000 Haushalte mit Strom versorgen. »In Feldheim«, sagt er, »könnten wir allein mit Windenergie die Drähte verglühen.« Wind nämlich, und damit Energie, gibt es genug im Fläming, wo sich die Ortschaft befindet, die zu Treuenbrietzen gehört. Trotzdem mussten die Einwohner immer teuer für Ihre Energie bezahlen.

Ab dem kommenden Jahr soll das ein Ende haben. Fast alle der rund 50 Haushalte beteiligen sich an einem für die Region einmaligen Projekt. Zusammen mit der ansässigen Windpark-Firma Energiequelle und der Agrargenossenschaft haben sie eine Firma gegründet, die ihre Leitungen vom regionalen Stromversorger E.ON edis abklemmt und sich fortan mit Strom und Wärme selbst versorgen wird. Die Wärme soll ein Bioheizwerk der Agrargenossenschaft liefern. Jährlich 2000 Kubikmeter Schweinegülle sowie 7000 Tonnen Maissilage und Roggenschrot sollen dort in Heizenergie umwandelt werden.

Sollten einmal alle Windräder still stehen, was im Fläming selten vorkommt, dann kann die Biogasanlage auch den Strom erzeugen. Die Baugenehmigung für die Biogasanlage ist schon erteilt, sagt der Projektleiter.

Im nächsten Jahr beginnen die Straßenbauarbeiten, sobald die Frostperiode vorbei ist. Dann werden die Gräben für die neuen Kabel und Rohre ausgehoben. Das mache eigentlich den Hauptanteil der Arbeiten aus, sagt Backofen. Die Umstellung an den Häusern und der Einbau von Wärmetauschern sei kein großer Aufwand. Dennoch müssen die Anwohner auch in die Tasche greifen und den Start des Projekts unterstützen. Schließlich sind sie Mitgesellschafter der neu gegründeten Feldheim Energie GmbH & Co. KG. 3000 Euro Startkapital musste jeder als Einlage leisten. Dafür garantiert das Projekt dauerhaft günstigen Strom und die Unabhängigkeit von unkalkulierbaren Heizöl- oder Gaspreisen.

Schon jetzt bezahlt ein Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Stromverbrauch pro Jahr bei E.ON edis knapp 21 Cent pro Kilowattstunde plus 6,92 Euro monatliche Grundgebühr. Die Feldheimer bekommen demnächst ihren Strom für 16,6 Cent brutto. Monatliche Grundgebühr 5,50 Euro. Macht rund 170 Euro Ersparnis im Jahr allein bei Strom. Bei der Wärmeversorgung sollen für die Abnehmer ähnliche Kosten entstehen, wie bei Fernwärmeanschlüssen. Auch dabei werde so mancher, der jetzt noch einen Öltank im Keller hat, hunderte Euro pro Jahr sparen, verspricht Backofen. So drastisch wie Öl- und Gaspreise werden in Feldheim die Heizkosten nicht mehr schwanken beziehungsweise explodieren.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge war Erdgas im September für private Haushalte 14,2 Prozent teurer als im Jahr zuvor. Auch für Strom zahlten private Haushalte fünf Prozent mehr. Mineralölerzeugnisse waren im Vergleich zum Vorjahr 15,5 Prozent teurer.

Der Energiekonzern E.ON edis will sich zu »anderen Unternehmenskonzepten nicht äußern«, wie es aus der Abteilung für Unternehmens-Kommunikation heißt.

»Global denken, lokal handeln«, fällt Umweltministeriums-Sprecher Jens-Uwe Schade zum Thema Feldheim ein. Im Potsdamer Umweltministerium hat sich die Ortschaft schon einen Namen gemacht. Mit welchem Anteil das Projekt gefördert wird, kann Schade noch nicht sagen. Anerkennend bemerkt er, dass ein Antrag auf Fördergeld dort nicht im Vordergrund gestanden habe. Ganz ohne Subventionen wollen die Feldheimer das Projekt jedoch nicht schultern. 45 Prozent, so hoffen sie, könnten sie für das Nahwärmenetz über das Programm zur Förderung des ländlichen Raumes bekommen.

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