Ein wenig Schweiz an der Elbe

Hamburg: Zukünftig mehr Volksentscheide

  • Folke Havekost, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.

So einig wie sich die Bürgerschaftsparteien beim Thema Volksentscheid in Hamburg waren, könnten sie vielleicht auch ohne Volk auskommen. Doch wenn das Parlament des Stadtstaats am 10. Dezember zusammentritt, sollen die Rechte des Volkes im Gesetzgebungsverfahren gestärkt werden. Die Regierungskoalition aus CDU und GAL (Grüne) einigte sich mit der Volksinitiative »Für faire und verbindliche Volksentscheide« auf die zukünftige Verbindlichkeit der vox populi. SPD und LINKE kündigten an, den Entwurf mitzutragen.

Um die Relevanz von Volksentscheiden war an Alster und Elbe lange erbittert gerungen worden. Besonders hoch schlugen die Wellen 2004, als die damals noch allein regierende CDU den städtischen Landesbetrieb Krankenhäuser an einen Investoren veräußerte, obwohl sich zuvor 76,8 Prozent der Abstimmenden dagegen ausgesprochen hatte. Seitdem befand sich die Partei des Bürgermeisters Ole von Beust in dieser Debatte in der Defensive.

Mit dem nun vereinbarten Kompromiss können Volksentscheide nicht mehr einfach ignoriert werden; zudem werden Abstimmungen auf Wunsch der Initiatoren auf Wahltage gelegt – in der Vergangenheit waren Volksentscheide bisweilen an den hohen Beteiligungs- bzw. Zustimmungsquoren gescheitert. »Wir sind sehr froh, dass nun endlich das Volk das letzte Wort hat«, sagte Farid Müller, der für die GAL den Kompromiss ausgehandelt hat. Auch Initiativen-Sprecher Frank Teichmüller begrüßte die Lösung: »Eine solche Regelung gibt es bisher nur in der Schweiz.«

Dass die Grünen damit innerhalb der jungen Koalition einen Punktsieg davontrugen, mochte die CDU kaum verbergen. Die Möglichkeit, dass 2,5 Prozent der Wahlberechtigten mit ihrer Unterschrift ein aufschiebendes Veto gegen einen Volksentscheid einlegen können, ist verglichen mit der bisherigen Hamburger Praxis nur ein kleiner Erfolg der CDU.

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