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Fußball, Bullen und Randale

Ein Bildband des Fotografen Harald Hauswald über die Fans vom 1. FC Union Berlin und BFC Dynamo

  • Hajo Obuchoff
  • Lesedauer: 3 Min.
Union-Fans auf der Fahrt nach Leipzig 1992.
Union-Fans auf der Fahrt nach Leipzig 1992.

Harald Hauswald steht mit seiner Kamera oft im größten Getümmel, und eigentlich kommt er meist ungeschoren davon. »Nur die Polizei hat mich einmal etwas verbeult«, gesteht der 1954 in Radebeul geborene Hauswald, aber seit mehr als 30 Jahren in Berlin lebende Fotograf. »Das war 1992 in Wolfsburg, als ich einen brutalen Einsatz der Polizei gegen Union-Fans fotografierte. Da haben sie dann mich und einen Unioner eingesperrt. Und erst durch den massiven Protest der Fans wurden wir wieder frei gelassen.«

Ein Konzentrat solcher Begegnungen findet man im vom Jaron Verlag herausgegebenen Bildband »Ultras, Kutten, Hooligans. Fußballfans in Ost-Berlin«. Hauswalds Schwarz-Weiß-Fotos zeigen den nicht alltäglichen Alltag von Fußballfans des 1. FC Union Berlin und des BFC Dynamo aus einer solchen Nähe, dass selbst der am Fußball weniger interessierte Betrachter sich hineingezogen fühlt in diese Welt. Allein die etwa 100 großzügig präsentierten Fotos sind die 14,90 Euro wert, die für das Buch verlangt werden.

Ansonsten kennt man Harald Hauswald als einen der bedeutendsten Fotografen, die den Alltag in der DDR dokumentiert haben und deshalb von den staatlichen Organen missmutig beobachtet worden sind. Das erklärt auch einige Fehler und Verwechslungen bei den spartanischen Bildunterschriften. »Ich habe damals immer nur die Filme an die Kontaktabzüge geheftet, aber nichts Schriftliches«, sagt Hauswald. »Ich wollte nicht, dass die Stasi bei einer möglichen Durchsuchung irgendwelche Hinweise auf Leute findet, die ich fotografiert habe.«

Die Texte zum Fotobuch liefert Frank Willmann, der mit Büchern wie »Und niemals vergessen – Eisern Union« oder »BFC Dynamo – der Meisterclub« sowie »Stadionpartisanen« bereits ausgiebig gerade die Szene der verfeindeten Fangemeinschaften in Ostberlin beschrieben hat. Im Vergleich zu diesen Büchern kann man in »Ultras, Kutten, Hooligans« nicht viel Neues entdecken. Schon gar nicht über die komplizierte Ultraszene. Und der Leser wird auch nur sehr wenig über Kutten erfahren.

Was Hooligans erleben, das wird vor allem in zwei umfangreichen Erinnerungen von BFC-Fans anschaulich. Weil Frank Willmann bereits in seinem Buch »Stadionpartisanen« den Fotografen Harald Hauswald erzählen ließ, wie es ihm gelingt, so dicht in der Menge der Fußballanhänger zu fotografieren, fehlt diese Erklärung im aktuellen Bildband. Dabei hätte ein solches Interview gut hineingepasst. Hauswald kann in Szenerien wie die der Fußballfans eintauchen. »Das war 1988, als ich mal zufällig in einen Zug von Union-Fans geriet und zu fotografieren begann«, erzählt der Fotograf.

»Später sahen diese Bilder auch mal Anhänger des BFC Dynamo und fragten, ob ich auch bei ihnen fotografieren könnte. So kam ich in engen Kontakt zu beiden Fanlagern. Ich halte mich immer an die Autoritäten der jeweiligen Szene, dann geht das schon.«

Wer Hauswalds Fotos im Original ansehen möchte, kann das bis zum 21. November in der Berliner Galerie »december«, Greifswalder Str. 217 (Di. bis Sa. 15 bis 20 Uhr, Tel. 030 / 29 66 80 77).

Harald Hauswald, Frank Willmann: Ultras Kutten Hooligans. Fußballfans in Ost-Berlin. 120 Seiten, ca. 100 Fotos, Jaron Verlag, 14,90 ¤€, ISBN 978-3-89773-588-0.

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