nd-aktuell.de / 11.11.2008 / Sport / Seite 2

In Armenien ein Superstar

Titelverteidiger Lewon Aronjan im ND-Gespräch

Sie zählen zu den heißesten Anwärtern auf Gold: die armenischen Männer um Großmeister LEWON ARONJAN (Foto). Ob das Team aus der Kaukasusrepublik seinen Olympiasieg von Turin 2006 wiederholen kann, wollte ND-Autor RENÉ GRALLA von dem 26-Jährigen wissen.

ND: Wollen Sie auch in Dresden Gold holen?
Aronjan: Ja, aber es wird für uns eindeutig härter. Wobei wir besonders versuchen werden, dem Andenken von Karen Asrian gerecht zu werden. (Der 28-jährige Großmeister starb im Juni 2008 nach einem Herzanfall - d.R.)

Sie treten an Brett 1 an und werden so auch auf den russischen Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik treffen ...
Bisher habe ich noch keine Partie gegen Kramnik gewonnen. Dresden ist eine gute Gelegenheit, meine Bilanz zu verbessern.

Viswanathan Anand, der jüngst in Bonn über Kramnik triumphierte, fährt gar nicht erst nach Dresden. Drückt sich der Weltmeister?
Gegen einen Olympiastart für Indien hat sich Anand schon lange vor Bonn entschieden. Abgesehen davon hat er, so meine ich, nach so einem WM-Duell eine gewisse Erholung verdient.

Was ist eigentlich mit Ihnen, Herr Aronjan? Wann greifen Sie nach dem höchsten Titel?
Seit Anfang dieses Jahres kümmere ich mich wieder intensiver um Schach. Ich denke, dass ich in die richtige Richtung gehe.

Wie hat sich Armenien auf die Olympiade vorbereitet?
Wir haben eine Woche im Trainingslager verbracht. In Jermuk, das ist ein Ferienort in den Bergen. Wir haben uns mit Schach beschäftigt und Sport getrieben. Und obendrein jede Menge Denksportaufgaben gelöst.

Ihr Olympiatipp für die deutschen Männer und Frauen?
Von beiden Teams darf man wohl keine Wunder erwarten.

Woran liegt das, wo Deutschland doch mit Recht so stolz auf seine Schachbundesliga mit Weltniveau sein kann?
Schach ist zwar beliebt in Ihrem Land, aber eben nicht als Leistungssport. Schach ist für ein Talent in Deutschland keine realistische berufliche Perspektive. Ganz anders übrigens in Armenien, wo man mit einem normalen Job viel weniger Geld als ein Schachprofi verdient. Mein Mannschaftskamerad Wladimir Hakobjan und ich werden als Superstars behandelt.

Dürfen wir Ihre Lebenspartnerin Arianne Caoili in Dresden eigentlich auch am Brett bewundern?
Ja. Sie wird für Australien spielen.


Sportereignis des Jahres

Am Mittwoch-abend wird die 38. Schacholympiade in Dresden feierlich eröffnet. Der erste Zug wird im Internationalen Kongresszentrum (ICC) am Donnerstag um 15 Uhr gesetzt, letzter Spieltag ist der 25. November. Als Titelverteidiger bei den Herren startet Armenien, bei den Frauen die Ukraine.

Die 152 Nationen mit rund 1300 Aktiven (in 150 Herren- und 120 Damenteams) bedeuten für den Weltschachverband FIDE neuen Teilnahmerekord. Unter diesem Blickwinkel ist die Veranstaltung in Deutschland das größte Sportereignis des Jahres.

Der Eintrittspreis pro Tag beträgt 9,50 Euro (ermäßigt 4,50 Euro). Es werden täglich etwa 1000 Zuschauer erwartet. Alle Spiele gibt es ab Donnerstag, 15 Uhr, live unter www.dresden2008.de.

Während Schacholympia finden zahlreiche Kulturveranstaltungen sowie Rahmenturniere statt: für Senioren (13. bis 19.11), für Tandems (14.11.), für Gehörlose (14.11.), für Familien (16.11.), Internationales Jugendcamp (15. bis

22.11.), Deutschlandcup (16. bis 20.11.), Open (21. bis 24.11.), Blitzturniere (täglich ab 15 Uhr), Turniere der Partnerschule und Botschafter (11. bis 14.11.), Grundschultag (15.11.).

www.dresden-2008.de[1]

Links:

  1. http://www.dresden-2008.de