Freizeitpark: Für Sturz auf der Balancierscheibe selbst verantwortlich

Verkehrssicherungspflicht

  • Lesedauer: 2 Min.

Besteigt der Besucher eines Freizeitparks Anlagen, deren Nutzung erkennbar eine gewisse Risikobereitschaft voraussetzt, so kann er für einen Unfall nicht ohne weiteres den Betreiber verantwortlich machen. Das geht aus einem Urteil des OLG Hamm hervor.

Wie der Anwalt-Suchservice berichtet, hatte eine Frau einen Freizeitpark besucht. Dort waren unter anderem vier nach allen Seiten bewegliche Balancierscheiben mit ungleich großen Auftrittsflächen aufgestellt, die beim Betreten unterschiedlich hohe Anforderungen an den Gleichgewichtssinn stellten. Sie waren 15 bis 16 cm hoch und von einem mit Filz ausgelegten Holzuntergrund umgeben. Auf einer der Scheiben knickte die Frau unglücklich um und kam zu Fall. Sie zog sich dabei eine offene Sprunggelenksfraktur zu.

Sie verklagte den Freizeitpark-Betreiber auf Schmerzensgeld, hatte aber keinen Erfolg. (OLG Hamm, Az.: 21 U 7/08)

Der Betreiber, so das Urteil, habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt und müsse nicht haften. Wer Balancierscheiben aufstelle, der habe zwar die Pflicht, einen angemessen sicheren Gebrauch zu gewährleisten und die Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar seien, um Unfälle möglichst zu vermeiden. Eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließe, sei jedoch nicht erreichbar.

Geräte wie Balancierscheiben, deren Reiz für den Nutzer gerade darin liege, seine Geschicklichkeit zu erproben, erforderten immer eine gewisse Risikobereitschaft. Der Nutzer könne bei ihnen keine absolute Sicherheit erwarten, sondern habe das Risiko, dass er bei der Erprobung seines Gleichgewichtssinns das Gleichgewicht auch verlieren könne, in bestimmtem Umfang selbst zu tragen.

Zwar müssten die Scheiben insofern sicher sein, als die Fähigkeiten der Nutzer beim vorsichtigen Betreten nicht unvorhersehbar überbeansprucht würden. Auch dürften im Falle des Gleichgewichtsverlustes keine gravierenden Verletzungen drohen. Diese Anforderungen seien aber erfüllt worden, so das Gericht. Der Betreiber habe den Besuchern vier Balancier-Scheiben, wie sie vielfach in Schulen und Parks verwendet würden, zur Verfügung gestellt.

Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade seien aufgrund ungleich großer Auftrittsflächen offensichtlich gewesen. Die Nutzer konnten sich so an die Grenze ihrer Fähigkeiten herantasten, Schwierigkeiten erkennen und entscheiden, ob sie das Risiko eingehen wollten. Aufgrund der geringen Höhe der Scheiben konnten Stürze in der Regel einfach durch einen Schritt auf den Boden vermieden werden.

Auf dem nicht sehr harten Untergrund aus Holz mit Filz wäre aber normalerweise ohnehin allenfalls mit Abschürfungen oder Prellungen zu rechnen gewesen. Die hier eingetretenen schweren Verletzungen seien auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen. Für derart atypische Geschehensabläufe könne der Betreiber der Anlage nicht verantwortlich gemacht werden, so das Gericht.

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