Castor in Gorleben eingerollt

Proteste von Atomkraftgegnern sorgten für fast einen Tag Verspätung

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Begleitet von heftigen Protesten hat der elfte Transport mit hoch radioaktivem Atommüll am Dienstag das Zwischenlager Gorleben in Niedersachsen erreicht. Die Aktivisten fordern eine Kehrtwende vom Pro-Atom-Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Polizei hingegen will in Zukunft noch schärfer gegen die Protestierenden vorgehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse einsehen, dass der Salzstock als Endlager nicht durchsetzbar sei, sagte ein Sprecher der Initiative »X-tausendmal quer« am frühen Dienstagmorgen bei Gorleben, als der Castortransport eingerollt war. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Angela Merkel gestern per Mitteilung auf, ihren Pro-Atom-Kurs endlich aufzugeben. Das enorme Widerstandspotenzial rund um den Castortransport habe gezeigt, dass das Setzen der Atomkraftbefürworter auf ein Erlahmen der Anti-AKW-Stimmung keine Grundlage habe.

Bevor der Castor mit fast einem Tag Verspätung gestern in aller Frühe in Gorleben ankam, hatte die Polizei noch mehrere Blockaden von Kernkraftgegnern aufgelöst. Kritisiert wurde die angeblich hohe Gewaltbereitschaft der Aktivisten, die ihrerseits auf das Konzept der gewaltfreien Blockaden setzen. »Das Besetzen von Gleisen können wir nicht akzeptieren«, sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerk- schaft, Rainer Wendt, sprach von einer »gescheiterten Deeskalationsstrategie« und forderte von der Politik eine »härtere Gangart«, die ein schärferes Vorgehen der Polizei erlaube.

Die Polizei war zum Teil mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen die Protestierenden vorgegangen. Beides dürfte wohl wenig zu einer Deeskalation beigetragen haben.

Rund elf Stunden hatten die Beamten am Montag benötigt, um acht Protestierer in Grippel, die sich an Betonpyramiden festgekettet hatten, davon loszulösen. Vor dem Zwischenlager selbst blockierten rund 1000 Demonstranten bis Montagnachmittag mit einer gewaltfreien Sitzblockade die Zufahrt. Sie hatten dort teilweise seit Samstag campiert. Die Polizei trug die Protestierer am späten Nachmittag einzeln von der Straße. Im Wahljahr, so hatte es am Montag in einer Mitteilung der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg geheißen, werde an Standorten von Kraftwerken, die auf der Stilllegungsliste stehen, protestiert und 2010, beim nächsten Castortransport, in Gorleben erneut demonstrativ Bilanz gezogen. »Wir geben der Politik eine Chance, sich zu bewegen. Jede Generation hat das Recht, einen Platz zu besetzen.«

Die Atommüll-Behälter waren um 23.11 Uhr am Montagabend zu ihrer letzten Etappe ins Zwischenlager aufgebrochen. Bewacht von hunderten Polizisten starteten die Tieflader vom Bahnhof Dannenberg auf der Straße in das gut 20 Kilometer entfernte Gorleben.  

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