Schäfer-Gümbel fordert Koch heraus

Hessische SPD schließt vier Rechtsabweichler aus der Fraktion aus

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach dem zweiten fehlgeschlagenen Anlauf der SPD-Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti auf das hessische Ministerpräsidentenamt ist in Wiesbaden das Wahlkampffieber ausgebrochen. Der 18. Januar 2009 als Termin für die Neuwahl dürfte nächste Woche amtlich feststehen, wenn sich der Landtag mit den Stimmen aller Fraktionen selbst auflöst. Nach der Landesverfassung muss die Neuwahl dann binnen 60 Tagen stattfinden.

Hessen, wo bereits in den 1980er Jahren zweimal vorzeitig ein neuer Landtag gewählt wurde, stünde damit wohl vor dem kürzesten Wahlkampf seit 1945. Denn angesichts von Adventszeit, Weihnachtspause und Winterferien sind viele Menschen nicht nur wegen der winterlichen Witterung nur begrenzt ansprechbar. Im Januar wird die heiße Wahlkampfphase extrem kurz sein, zumal die Schulferien erst eine Woche vor dem anvisierten Wahltag enden.

Genau dies will sich der geschäftsführend amtierende Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zunutze machen, weil er sich in der aktuellen Stimmung die Chance ausrechnet, als »Retter« in einer chaotischen Situation seinen bisher noch wenig bekannten neuen SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel klar abzuhängen und mit seinem Wunschpartner FDP danach fünf Jahre lang unangefochten regieren zu können.

Unterdessen sind die vier SPD-Rechtsabweichler Dagmar Metzger, Jürgen Walter, Silke Tesch und Carmen Everts, die Anfang letzter Woche Ypsilanti ihre Zustimmung verweigert und damit den Sog in Richtung Neuwahlen ausgelöst hatten, nach einer Woche Aufenthalt an einem unbekannten Ort Anfang der Woche wieder in der Öffentlichkeit aufgetaucht. In der ARD-Talksendung »Beckmann« legten sie noch einmal ihre Standpunkte dar und beschwerten sich darüber, sie seien als Kritiker jeglicher Zusammenarbeit mit der LINKEN »gemobbt« und unter »Meinungsdruck« gesetzt worden. Während die Vier nach eigenen Angaben »Sozialdemokraten bleiben« möchten, will die SPD-Landtagsfraktion dieses Kapital abschließen. Sie seien bis zum Ende der Legislaturperiode in der Fraktion unerwünscht, hatte ihnen der parlamentarische Geschäftsführer Reinhard Kahl rechtzeitig vor der Fraktionssitzung am Dienstag mitteilen lassen, da sie sich durch ihr Verhalten »von der Partei abgewandt« hätten. Die vier Abgeordneten wurden für die verbliebene Legislaturperiode auch aus den parlamentarischen Ausschüssen abberufen, weil sie dort nicht mehr für die SPD sprechen könnten, so Kahl.

Der »elementare Regelbruch« der vier Parteirebellen sei ein Ding der Vergangenheit, erklärte der neue hessische SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel. Er möchte jetzt »nach vorne schauen« und die Vier einfach rechts liegen lassen. Schäfer-Gümbel will Ypsilanti bis auf Weiteres auch weder das Amt der Landesvorsitzenden noch den Fraktionsvorsitz streitig machen. Dafür habe er »im Moment keine Zeit«, so der 39-Jährige, der sich voll auf seinen Wahlkampfeinsatz konzentrieren will. Er hofft – wie schon im letzten Winterwahlkampf – auf eine Aufholjagd und eine trotzige »Jetzt- erst-recht«-Stimmung an der SPD-Basis. Am Montag hatte ihm Parteichef Müntefering in Berlin volle Unterstützung zugesagt.

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