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  • Gesetz für das Bundeskriminalamt

Ein gefährliches Klima

  • Wolfgang Neskovic
  • Lesedauer: 2 Min.
Wolfgang Neskowic war Bundesrichter und ist seit 2005 Bundestagsabgeordenter der LINKEN.
Wolfgang Neskowic war Bundesrichter und ist seit 2005 Bundestagsabgeordenter der LINKEN.

Wenn LINKE, FDP und Grüne politisch an einem Strang ziehen, dann ist das ein Zeichen dafür, dass die Lage ernst sein muss.

Als die Regierungskoalition sich vergangene Woche darauf verständigte, das umstrittene BKA-Gesetz durchs Parlament zu winken, waren sich die Oppositionsfraktionen einig, dass dieses Gesetz so schnell wie möglich gekippt werden muss.

Denn zum einen gibt es überhaupt keine Notwendigkeit für ein solches Regelwerk, mit dem das Land vor einer angeblichen Terrorgefahr geschützt werden soll. Berlin ist nicht Bagdad, Kassel nicht Kundus. Die Gefahr, bei einem ICE-Unglück zu sterben, ist hier deutlich größer, als Opfer eines islamistischen Anschlags zu werden.

Zum anderen legalisiert dieses Gesetz etwas, was in Deutschland nie wieder möglich sein sollte: die totale Überwachung der Bürger. Es wertet das BKA zu einer Spitzelzentrale auf, die alles weiß und alles darf: Privatwohnungen mit Kameras überwachen, Computer ausspähen, Menschen in Gewahrsam nehmen.

Künftig wird sich niemand mehr sicher fühlen können vor solchen Übergriffen auf seine Privatsphäre. Denn für die BKA-Ermittler kann schon der bloße Verdacht ausreichen, dass der Observierte mit einem Terrorverdächtigen Kontakt hatte. Ja, er kann sich nicht einmal dagegen zur Wehr setzen. Denn von der Überwachung erfährt er regelmäßig nur dann etwas, wenn er festgenommen wird.

Terroristische Anschläge wird man hierdurch nicht verhindern können. Den gläsernen Terroristen gibt es nicht, es gibt nur den Verdächtigen. Und wenn jeder jederzeit zu einem solchen werden kann, erzeugt das am Ende nicht mehr Sicherheit, sondern ein Klima von Repression und Angst. Ein Klima, wie man es sonst nur von Diktaturen kennt. Ein gefährliches Klima für eine Demokratie.

Das von den Befürwortern des BKA-Gesetzes so gern zitierte Grundrecht auf Sicherheit ist eine Erfindung. Eine zielgerichtete Erfindung, die dazu dient, die Freiheitsrechte zu untergraben. Die verschleiern sollen dass mit dem Abbau des Sozialstaates zeitgleich der Sicherheitsstaat aufgebaut wurde. Ein Sicherheitsstaat, der eines Tages seine Mittel und sein Wissen über seine Bürger auch einsetzen könnte, um sozialen Unruhen entgegenzutreten.

Gewiss: Das ist eine Gefahr, die momentan noch fern erscheint. Deutschland 2008 ist nicht Irak, und es ist auch nicht Weißrussland. Nein, es ist hoffentlich immer noch ein Land, das die zentrale Lehre aus seiner eigenen Vergangenheit nicht vergessen hat: Wehret den Anfängen!

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