Heimatraub im Münchner Speckgürtel geplant

Über 60 000 Einwendungen gegen eine dritte Start- und Landebahn auf Franz-Josef-Strauß-Airport

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Braucht der Airport München eine dritte Start- und Landebahn? Der Streit darüber hat gerade erst begonnen. 60 000 Einwendungen gegen das Projekt sind abzuarbeiten.

Der Engpass sei kein Zukunftsszenario, sondern tägliche Realität, argumentieren die Betreiber des Flugplatzes, der den Namen von Franz Josef Strauß trägt. Der einstige körperliche wie politische »Bayernkönig« hätte seine Freude am Ausbau, wie auch an der derzeit laufenden Lobbyarbeit. Man brauche die dritte Bahn, um international den Anschluss nicht zu verlieren. Natürlich profitiere die Region davon, Arbeitsplätze entstünden, weshalb man die paar Unannehmlichkeiten wie zunehmenden Lärm und Schadstoffbelastungen in Kauf nehmen müsse. Diese Ansage wird natürlich von den Betreibern verbunden mit dem Versprechen, alles im akzeptablen Rahmen zu halten. Und in der Tat, was Umweltverträglichkeit betrifft, ist »FJS« nicht der übelste aller deutschen Landeplätze. Und so hatte die Flughafen München GmbH im August 2007 bei der Regierung von Oberbayern den Antrag auf Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für den Bau einer dritten Start- und Landebahn gestellt.

Die Landräte der betroffenen Landkreise Freising und Erding lehnen den Ausbau strikt ab. Das Vorhaben widerspreche den Belangen der Bürger im Landkreis Freising, protestierte der dortige Landrat Michael Schwaiger von den Freien Wählern. Letztendlich, so meint er, würden die Bürger »ihrer Heimat beraubt«. Da ist er sich einig unter anderem mit dem CSU-Kollegen Martin Bayerstorfer aus Erdingen. Grüne und LINKE stehen dem Projekt ohnehin höchst kritisch gegenüber.

Nun ist der Ausbau des Airports in München ja nur Bestandteil eines deutschlandweiten Konzepts, das unter der Verantwortung des Bundesverkehrsministeriums vorangetrieben wird. Auch wenn der Chef des Hauses, Wolfgang Tiefensee (SPD), derzeit mit Problemen der Bahn überhäuft ist, so vermeidet er doch nicht die Fettnäpfe, die ihm die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) aufgestellt hat.

In Deutschland gibt es laut Bundesregierung 38 Flughäfen, darunter die internationalen Drehkreuze Frankfurt am Main und München sowie 17 weitere internationale Airports. Und die erwarten in diesem Jahr 190 Millionen Passagiere. 2025 werden es nach Schätzungen des Flughafenverbandes bereits 300 Millionen sein. Da das Flughafenkonzept der Bundesregierung außer der Fertigstellung von Berlin Brandenburg International (BBI) keine weiteren Neubauten vorsieht, müsse man eben die bestehenden Airports ausbauen. Vor allem das Rhein-Main-Drehkreuz und das in München seien ausbaupflichtig, denn: Jede in die Flugplätze investierte Milliarde schafft einen Zuwachs an Wirtschaftsleistung von fünf Milliarden Euro. Über 30 Jahre gerechnet. Was könnte einer Konjunktur, die zu lahmen beginnt, besseres geschehen? Zumal rund 250 000 Arbeitsplätze direkt und weitere 500 000 indirekt von der Luftverkehrsindustrie abhängen.

Zu welchem Ergebnis die Entscheider nach der Anhörung gelangen, ist derzeit noch offen. Gesetzt, es wird grünes Licht für die dritte Start- und Landebahn gegeben, so wird der Bau dennoch nicht so rasch über die Bühne gehen können, wie es sich die Airport-Betreiber wünschen. Ihre Gegner wollen im Falle eines positiven Planfeststellungsbeschlusses klagen.

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