Polens Rechte sieht Obama mit Argwohn

Präsidentenpartei bangt um US-Raketenbasis

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Nicht überall im Ausland herrscht über den Wahlausgang in den USA die reine Freude. Zum Beispiel in Polen.

Der Sieg Barack Obamas ließ in den Reihen der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nicht nur große Enttäuschung erkennen, sondern veranlasste den Abgeordneten Artur Górski auch zu rassistischen Auslassungen. Der Mann betonte in einer parlamentarischen »persönlichen Erklärung«, nun sei das Ende der Zivilisation des weißen Menschen angebrochen, und bezeichnete Obama als »schwarzen Messias einer neuen Linken« und »Freund von verdeckten Kommunisten«. Unverfroren auch die in Kirchen von Bydgoszcz und Poznan verteilten Flugblätter, auf denen zu lesen war, dass es leider nicht möglich sei, »einen Schwarzen weiß zu beten«.

Von Gòrski, dem ehemaligen Chefredakteur des katholisch-nationalen Blattes »Nasz Dziennik«, der im Sejm mit der Initiative auftrat, Christus zum König von Polen auszurufen, distanzierten sich gleich darauf PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski und sein Präsidentenbruder Lech. Die skandalöse Äußerung des PiS-Abgeordneten rief den Protest der US-Botschaft in Warschau hervor und wurde auch in Washington notiert.

Nun ist dies nicht der einzige Schock, den der Ausgang der Präsidentenwahl in den USA auslöste. Im Präsidentenpalast macht man sich Sorgen, wie es denn jetzt mit der US-Antiraketenbase in Redzikow bei Slupsk weiter gehen werde. Es kam dabei zu äußerst peinlichen »Missverständnissen«. Zwei Minister der Staatspräsidentenkanzlei ließen die polnische Öffentlichkeit wissen, Obama hätte in einem Telefongespräch mit Lech Kaczynski durchblicken lassen, dass die USA für eine Fortführung des Antiraketenprojekts optieren.

Als dem in Kreisen um Obama widersprochen wurde, war die diplomatische Panne perfekt. Lech Kaczynski beteuerte, seine zwei Minister müssten sich getäuscht haben, sie seien von einer Meldung im Internet irregeführt worden. Wie dem auch sein mag, Tatsache ist, dass die polnischen Rechtskonservativen in ihrem Wunschdenken damit rechneten, das Projekt der Antiraketenbase müsse – gerade angesichts der Drohung des russischen Präsidenten Medwedjew, in Kaliningrad Kurzstreckenraketen zu stationieren – fortgesetzt werden.

Radoslaw Sikorski, der polnische Außenminister, zeigte Distanz zu dem Gequassel im Präsidentenpalast und sagte dazu am Samstag, Polen werde sich jeder US-amerikanischen Entscheidung betreffs der Base fügen. Er begrüßte auch die Entscheidung der EU-Außenminister, Verhandlungen über eine neue vertragliche Regelung EU – Russland aufzunehmen. Mit Russland wolle Polen keine »Komplikationen«.

Damit bleibt es bei den außenpolitischen Diskrepanzen zwischen den zwei Machtzentren Polens, zumal ein Sprecher des Präsidentenamtes am Mittwoch im Radio »Worthalten in Sachen Antiraketenbase« von Bushs Nachfolger als Beweis der strategischen Partnerschaft forderte.

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