Razzia im Morgengrauen

Polizei durchsucht Journalisten-Wohnung

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Dienstagmorgen bekam der Berliner Publizist Burkhard Schröder ungebetenen Besuch. Im Auftrag des Berliner Amtsrichters Ebe Ebsen durchsuchten Polizisten die Wohn- und Arbeitsräume des 56-Jährigen – angeblich auf der Suche nach Waffen.

Der Durchsuchungsbeschluss wur-de vom Richter mit dem Verdacht auf Verstoß gegen das Waffengesetz begründet. Allerdings wurden bei Schröder weder Waffen gesucht noch gefunden. Dafür beschlagnahmte man den Arbeitscomputer des Journalisten. Der Verdacht gegen Schröder stützt sich auf diverse Beiträge in seinem Webblog www.burks.de. Dort befasst sich der Internetspezialist seit Jahren auch mit der Diskussion über mutmaßliche Anleitungen zum Bombenbau im Internet. Unter anderem veröffentlichte er seine diesbezüglichen Artikel auch im Online-Magazin »Telepolis«. Der konkrete Anlass für die Razzia war allerdings ein in seinem eigenen Webblog dokumentierter Text mit dem Titel »Einführung in die Sprengchemie«.

Dabei handele es sich eindeutig nicht um eine Anleitung zum Bombenbau, sondern um einen theoretischen Text, betont Schröder. Die Veröffentlichung diene lediglich der staatsbürgerlichen Aufklärung. Der Publizist hat sich als Streiter für ein überwachungsfreies Internet einen Namen gemacht und zur Thematik zahlreiche Artikel und Bücher veröffentlicht. Dort setzt er sich auch kritisch mit den Argumenten auseinander, die für eine stärkere Kontrolle des Internets angeführt werden. Dazu gehöre auch die Debatte um angebliche Anleitungen zum Bombenbau im Internet, die seit Jahren zur Einschränkung der Freiheiten im Internet genutzt würden, so Schröder. Die Kontroverse um die Relevanz dieser Anleitungen ist beinahe so alt wie das Internet. Bereits in seinen 1995 erstmals erschienenen Buch »Neonazis und Computernetze« beschreibt Schröder, wie Rechtsextremisten schon in der Frühphase des Internets politische Gegner mit der Beschuldigung zu diskreditieren versuchten, dass sie über das Internet Anleitungen zum Bombenbau verbreiten würden.

Einem Verfahren sieht Schröder jedenfalls gelassen entgegen. Er werde auf keinen Fall klein beigeben, erklärte er gegenüber »Telepolis«. »Für mich als Journalist ist völlig unklar, was ich tun darf. Wenn eine Dokumentation schon verboten ist, dann würde dies die Spielräume von Journalisten erheblich einschränken.« Sein von der Polizei beschlagnahmter Computer könnte den Beamten noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Denn sämtliche Dateien und Datenträger sind mit einem schwer zu knackenden System verschlüsselt.

Schließlich ist Schröder Gründungsmitglied des Vereins German Privacy Foundation, der sich den Schutz der Privatsphäre vor zunehmender Überwachung zum Ziel gesetzt hat. Diesen Kampf will der kritische Publizist nun auch in eigener Sache führen.

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