nd-aktuell.de / 14.11.2008 / Politik / Seite 2

Die Extremisten von der Linkspartei

Nordrhein-Westfalens CDU/FDP-Koalition wollte die LINKE per Landtagsbeschluss ächten lassen

Fabian Lambeck
Ein Gespenst geht um in Nordrhein- Westfalen. Politische Extremisten der Linkspartei bedrohen die parlamentarische Demokratie, heißt es. Deshalb sollten die Abgeordneten des Düsseldorfer Landtages am Donnerstag einem gemeinsamen Antrag der CDU- und FDP-Fraktion zustimmen und die LINKE als »extremistisch« ächten.

Rüdiger Sagel ist ein Extremist. Zumindest aber ein des Extremismus verdächtiger Landtagsabgeordneter. Und das bereits seit mehr als einem Jahr. Damals, im Oktober 2007, trat der ehemalige Grüne der LINKEN bei. Dieser Parteiwechsel scheint beim politischen Gegner Angstreflexe ausgelöst zu haben. Jedenfalls wurde dem Düsseldorfer Parlament gestern ein Antrag der regierenden CDU/FDP-Koalition vorgelegt, dessen Titel nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig lässt: »Politischen Extremismus nicht hoffähig machen« , heißt es da. In einigen dürren Sätzen soll die Linkspartei als ernst zu nehmende politische Kraft diskreditiert werden.

Doch der Antrag richtet sich weniger gegen die LINKE selbst als vielmehr gegen die oppositionelle SPD, vermutet Rüdiger Sagel. Denn im Jahr 2010 stehen die nächsten Landtagswahlen ins Haus. Bislang vermied die nordrhein-westfälische SPD-Chefin Hannelore Kraft jedwede Koalitionsaussage. In einem Interview der »Leipziger Volkszeitung« orakelte sie unlängst: »Zwei Jahre vor einer Landtagswahl hat es gar keinen Sinn, über Festlegungen von Bündnissen zu reden«. Zwar sei es ihr primäres Ziel, die Linkspartei aus dem Landtag herauszuhalten, doch angesichts aktueller Umfragen kann dies getrost als Beschwichtigungsrhetorik abgetan werden – die LINKE liegt derzeit bei neun Prozent.

So gehörte Hannelore Kraft auch zu jenen SPD-Führungskräften, die den Putsch gegen Andrea Ypsilanti in Hessen am heftigsten kritisierten. Aus gutem Grund: Eine Umfrage des WDR ergab vor kurzem, dass die SPD sowohl auf die Stimmen der LINKEN als auch der Grünen angewiesen wäre, um Jürgen Rüttgers als Ministerpräsident ablösen zu können. Wohl auch deshalb nahmen die beiden Regierungsparteien die jüngsten Ereignisse in Hessen zum Anlass, Grüne und SPD mit dem Extremisten-Antrag vorzuführen. Ausführlich wird in dem Papier die abtrünnige hessische SPD-Abgeordnete Carmen Everts zitiert. Die Genossin behauptete, das »problematische Gesellschafts- und Geschichtsverständnis« der LINKEN mache ihr die Wahl Ypsilantis unmöglich. Außerdem sei die LINKE »eine in Teilen linksextreme Partei«.

Dabei hat die nordrhein-westfälische CDU offensichtlich ein Extremistenproblem in den eigenen Reihen, wie Rüdiger Sagel während der gestrigen Landtagsdebatte feststellte. Der Linkspolitiker erinnerte an einen Bericht des Westdeutschen Rundfunks, der die Tätigkeit mehrerer CDU-Lokalpolitiker für eine rechtsextreme Spätaussiedler-Zeitung kritisierte. Doch nicht nur das einfache Parteivolk engagiert sich für fragwürdige Projekte. Auch der CDU-Regierungspräsident im westfälischen Münster, Peter Paziorek, saß lange Zeit im Vorstand der Erik-von- Witzleben-Stiftung. Der Namensgeber dieser Museums-Stiftung war nicht nur erster Bundessprecher der Landsmannschaft Westpreußen, sondern auch strammer Nazi, der es bis zum SS-Sturmbannführer gebracht hatte.

Die FDP-Abgeordneten erinnerte Sagel an ihren einstigen Vorsitzenden Jürgen Möllemann. Der umtriebige Fallschirmspringer ging auch gerne mal mit rechten und antisemitischen Parolen auf Stimmenfang – nicht ohne Erfolg. Immerhin gelang der FDP unter Möllemann der Einzug in den Düsseldorfer Landtag, nachdem sie dort fünf Jahre lang nicht vertreten war.

Während seiner Rede zitierte Sagel sogar aus der Landesverfassung, um Vorwürfe aus dem CDU-Lager zu entkräften. Denn die Christdemokraten nehmen besonders am »Antikapitalismus« der LINKEN Anstoß. Dabei heißt es in Artikel 27 der Verfassung, dass »Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben«, verstaatlicht werden sollten. Somit ist der »Antikapitalismus« sogar von der Landesverfassung Nordrhein-Westfalens gedeckt.

Doch die beiden Regierungsparteien ließen sich – mit ihrer parlamentarischen Mehrheit im Rücken – davon nicht beeindrucken. SPD, LINKE und Grüne übten sich in oppositioneller Solidarität und stimmten geschlossen gegen den Antrag. Ein gutes Omen für 2010.