Agrarreform missachtet den Süden

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Bei der EU-Agrarreform fallen die Interessen des Südens unter den Tisch. Auch wenn sich von dieser These die bayerischen Milchbauern zu Recht mit angesprochen fühlen dürfen, sind in erster Linie nicht sie, sondern die afrikanischen und karibischen Kleinbauern gemeint. Wenn die EU-Kommission diese Woche wie geplant die Ausweitung der Milchproduktion beschließt, sind Milchseen, die in Form von subventioniertem Milchpulver auf dem Weltmarkt zu Dumpingpreisen abgeladen werden, wieder mehr denn je im Kommen. Mit erfahrungsgemäß desaströsen Folgen. Drei Viertel aller jamaikanischen Milchbauern und -bäu-erinnen verloren seit 1996 ihre Existenzgrundlage. Für ihre Frischmilch gibt es dank EU-Milchpulverimporten kei-nen Markt mehr. Jamaika und Milch ist nur ein Beispiel, Tomatenmark und Ghana, Hühnchenschenkel und Kamerun sind andere. Hunderttausenden Kleinbauern und ihren Familien wurde und wird so die Existenzgrundlage zerstört. Auch wenn die direkten Export-subventionen sinken und bis 2013 gar auslaufen sollen, wird am Grundsatz der unfairen Konkurrenz nichts geändert. Die EU nimmt sich das Recht, ihre eigene Landwirtschaft und ihre Bauern nach Gusto zu schützen, verweigert es aber zusammen mit den USA dem Süden konsequent im Rahmen der Agrarverhandlungen der Welthandelsorganisation.

Auch wenn ein paar Aspekte der Agrarreform in die richtige Richtung weisen, wie etwa die Förderung von Naturschutz und Landschaftspflege: Am Grundprinzip der Überschussproduktion wird nicht gerüttelt und die wegweisenden Forderungen des Weltagrarrats werden ignoriert. Der fordert lokale, ökologische Lösungen statt Monokulturen und Gentech im Rahmen einer Weltagrarreform. Eine schöne Utopie.

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